MIt dem Rad nach Montenegro 11:
Dubrovnik – Kotor

Nach dem Weckerläuten verlassen wir so zeitig wie möglich unser eher grusiges Zimmer, in der Hoffnung ein nettes Café mit Frühstücksoption zu finden.
Wir kommen keine 10 Meter weit, da prasseln urplötzlich enorme Tropfen auf uns herab, sodass wir etwas damisch der nächstgelegenen Unterstelloption schräg vis-à-vis entgegen steuern und vor der “Tovjerna Sesame” landen, wo gerade ein Kellner die Türen öffnet. Obwohl noch einiges vor der offiziellen Öffnungszeit, lässt er uns herein und serviert zum Aufwärmen leckeren Cappuccino.
Wir sitzen im Kellergewölb-artigen Raum und haben jede Zeit, Bilder und Einrichtungsgegenstände aufmerksam zu studieren. “Wir verteilen für Propagandazwecke 10.000 Gratis-Exemplare DALMATIEN” – Datum: 3. September 1938 … die Titelseite als historisches Dokument an der Wand gerahmt. Wir lesen die Texte und Inserate und staunen über Inhalt, Wortschatz und Formulierung.
Nach etwa 1,5 Stunden, 4 Cafés sowie Croissant und Müsli mit Joghurt wagen wir uns wieder ins Freie und auf den nassen Straßen in steilen Serpentinen stadtauswärts. Immer wieder ergeben sich phantastische Ausblicke zurück auf die Altstadt – zwischen dunklen Wolken blinzelt sogar ab und zu die Sonne durch.
Bei einem Supermarkt gegenüber des Flughafens rüsten wir uns mit Proviant bzw. stärken wir uns mit “selbstgemachten” Monster-Sandwichs, nachdem das Frühstück am Morgen zwar lecker aber nicht gerade magenfüllend war. Während wir die ersten Bisse genießen, fallen leise Tropfen. Getrieben von dem einen Gedanken, heute Kotor/Montenegro – das Ziel unserer Reise – zu erreichen, treten wir mit saftigen Watt Wind und Wetter entgegen. Eine lange Baustelle mit extrem holpriger, tiefer Schotterpiste kostet zusätzlich Kraft und lässt nach jeder Kurve, die kein Ende erblicken lässt, laut fluchen. Irgendwann taucht jedoch die Grenzstation und damit das Ende der Straßenmisere auf. Ein schnelles Foto beim ersten Montenegro-Schild und weiter geht es dunkelsten Wolken entgegen.
In Herceg Novi ist es dann wieder soweit und es schüttet wie aus Kübeln. Im schmalen Unterstand vertreiben wir uns die Wartezeit mit Essen. Als es weiter geht, stehen die Straßen stellenweise tief unter Wasser. Über Stufen und Stiegen rinnen Sturzbäche als wären es normale Wasserwege.
Richtig mystisch wird es dann wieder bei der Einfahrt in die Bucht von Kotor: 38km stark gewundene Küstenstraße – getrennt von einer nur 330m breiten Meeresenge – umgeben von hohen und extrem steilen Bergflanken … das ist die Boka Kotorska, die uns mit schwarzen, drohenden Wolken nicht gerade freundlich empfängt. Auf unserem Weg in die namensgebende Stadt Kotor im innersten Winkel der Bucht müssen wir uns nochmals für längere Zeit unter einem schmalen Blechdach eng aneinander kuscheln, um dem herab prasselnden Starkregen möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.
Als wir dann in Perast einfahren und auf die beiden mit Kloster und Kirche bestückten Mini-Inseln Sveti Đorđe und Gospa od Škrpjela blicken, sind wir quasi am Ziel. Wir steuern ein im Internet vorrecherchiertes Hotel im Zentrum von Kotor an und freuen uns bald über ein extrem großzügiges und geschmackvoll eingerichtetes Apartment im Herzen der Altstadt. Wir duschen lange und heiß, säubern alle Taschen und Außenschichten und hängen unsere nassen Sachen zum Trocknen auf.
Anschließend erleben wir nach Maribor, Šibenik, Split und Dubrovnik zum fünften Mal eine faszinierende Altstadt bei Nacht. Ähnlich wie in Dubrovnik ist die Altstadt komplette Fußgängerzone, von festen Mauern umgeben und nur durch ein paar wenige Zugänge/Tore erreichbar. Beeindruckend leuchten die bis ca. 250m über der Stadt thronenden Verteidigungsanlagen vom Berg San Giovanni herab. In den verwinkelten Gassen herrscht angenehm weniger Getümmel als am Vorabend in Dubrovnik. Wir suchen uns ein nettes Restaurant und genießen das Gefühl, das Ziel unserer Reise erreicht zu haben.

Am nächsten Morgen schlafen wir lange, frühstücken gemütlich und empfinden es extrem angenehm, einmal nicht alle Sachen zu packen und weiter zu reisen. Wir marschieren in Schneckentempo auf den Berg San Giovanni – die Beine melden offenbar eine gewisse Übersättigung – besichtigen die Burgruine hoch über Kotor und erfreuen uns am imposanten Ausblick über die roten Dächer der Stadt und die Weiten der Meeresbucht.
Nachmittag und Abend verbringen wir in Cafés und Restaurants, da es quasi ohne Pause wie wild herunter schüttet. Wir lesen, surfen und studieren die sonnigen Wetterprognosen für den nächsten Tag, glauben ihnen und freuen uns schon wieder richtig aufs weiter radeln und heimwärts reisen.

Etappendaten: 92km – 650hm

GPS-Track der 11. Etappe

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Perchtoldsdorf-Kotor Intro-Text/Übersicht

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