Bikepacking Dalmatien

Bikepacking Dalmatien

Unsere Bikepacking-Premiere mit Leichtzelt und Sommerschlafsäcken feierten wir Anfang Juni in Dalmatien. Hohe, felsdurchsetzte Berge und türkisfarbene Buchten im Gebiet der Makarska Riviera ließen uns einige Highlights entdecken, für die sich die etwas längere Anreise (im Vergleich zum nördlichen Kroatien) durchaus lohnt. Das einsame, bergige Hinterland östlich des Biokovo-Massivs sowie die lässigen Schotterpisten auf den malerischen Inseln Brač und Hvar offenbaren ein traumhaftes Bike-Revier – verkehrsarm, naturnah und gespickt mit großartigen Panoramen.

An sich wollten wir heuer im Mai/Juni für 2-3 Wochen mit unseren Reiserädern nach Schottland. Coronabedingt gab es jedoch bis Mitte Juni für uns eigentlich nur zwei mögliche Destinationen: Italien und Kroatien – in den meisten anderen Ländern war eine touristische Einreise aus Österreich nicht oder nur in Kombination mit Quarantäne möglich.

Nach kurzen Überlegungen und Blick auf die Wetter-Prognosen buchten wir ein sehr günstiges (EUR 280,- für 10 Tage), 55m² großes Appartement in Makarska an der dalmatischen Küste Kroatiens, nachdem man im Vorfeld einer Kroatienreise ein Online-Formular auszufüllen hatte mit genauen Angaben, wo man wann sein wird. Nachdem wir das vorab bei einer Radreise nie genau wissen, planten wir diesmal ein für uns neues Reise-Format: quasi sternförmige 2-Tagestouren mit jeweils einer Nacht im Zelt und danach wieder einer Nacht im gebuchten Appartement. Das klingt mehr nach Urlaub als nach Radreise – ist es auch … denn es hat den Vorteil der Bequemlichkeit (nach 2 Etappen draußen wieder frische Wäsche, gut gekochtes Essen, Regenerieren, …) beim Nachteil, dass definitiv weniger Radreise-Feeling („man ist unterwegs …“) aufkommt. Immerhin ist aber Makarska für Radfahrer ein optimaler Ausganspunkt – für bergige Etappen im Landesinneren einerseits und mit direktem Fährhafen nach Brač zum Inselhüpfen entlang der Makarska Riviera andererseits.

Zu Beginn zieht es uns ins Landesinnere. Ungewohnt leicht bepackt radeln wir früh morgens die sanfte Steigung zum Biokovo Naturreservat empor. Auch wenn wir uns den zweithöchsten Berg Kroatiens, den Sveti Jure (1.767 m), für den Abschluss des Urlaubs aufheben, wollen wir gleich einmal berghoch in die kargen, karstigen „Highlands“ von Kroatien. Traumhafte Ausblicke über die tiefblaue Adria und eine herrliche Serpentinenstraße hoch zum Biokovo Skywalk lassen uns jubeln.

Über eine Schotterpiste verlassen wir die Küstenregion und tauchen in ein völlig anderes, komplett untouristisches Kroatien. Nach zwei weiteren Anstiegen landen wir auf einem waldigen Höhenrücken abseits asphaltierter Straßen oder Dörfer. Auf einer halbwegs ebenen und (gar nicht so leicht zu finden) steinlosen Lichtung beschließen wir Tag 1 nach 73 km und gut 2.300 hm zu beenden. Erstmals stellen wir unser neues Leichtzelt auf (Big Agnes Fly Creek UL2 – Details s. eigener Beitrag), was super einfach und schnell gelingt, essen zu Abend und schlüpfen dann bald in unsere Schlafsäcke, da es abends auf knapp 800m Höhe überraschend kühl ist.

Tag 2 überrascht uns mit einigen tollen Highlights. Abgesehen vom echt sensationellen Kaffee, den wir fast überall während unserer Dalmatien-Tage mehrmals täglich konsumieren, und einer leckeren Bäckerei in Imotski (wo wir unser Frühstück einnehmen), sind es vor allem die beiden spektakulären wassergefüllten Einsturzdolinen Modro jezero (Blauer See) und Crveno jezero (Roter See) in unmittelbarer Nähe von Imotski. Tolle Waldpisten führen zwischen und teilweise entlang der beiden Seen und bieten beeindruckende, schwindelerregende Aussichtspunkte.

Aber auch die Fahrt entlang der Grenze zu Bosnien Herzegowina mit tollen Blicken über den Zeleno jezero (Grüner See) und die dahinter liegenden Grenzberge ist abwechslungsreich und absolut empfehlenswert. Erst nach Zadvarje und dem grandiosen Bergübergang zurück zur Adriaküste nimmt der Verkehr wieder deutlich zu. Die Strecke an der D8 zurück nach Makarska ist uns von unserer Montenegro-Reise 2012 noch in guter Erinnerung.

Tag 3 + 4 verbringen wir auf der Insel Brač, zu der wir direkt aus Makarska mit der Fähre Jadrolinija übersetzen (Überfahrt ca. 1 Std.). Unmittelbar hinter dem Küstenort Sumartin nehmen wir gleich eine einsame Schotterpiste, die uns (über einen kurzen, mit MTB fahrbaren Fußweg) zur kleinen, versteckten Bucht namens „Rasotica Bay“ bringt.

Für eine längere Pause ist es noch zu früh und es zieht uns rasch weiter Richtung Bol – bekannt durch seinen beliebten, karibikähnlichen Badestrand „Zlatni Rat“ (Goldenes Horn). Für uns ist Bol allerdings nur der Platz für unsere Mittagspause und Ausgangsort zum ersten wirklichen Highlight einer MTB-Runde auf Brač: die Schotterpiste entlang der Südküste (inkl. einer spektakulären Serpentinen-Zwischensteigung) bis zur idyllischen Hafenortschaft Milna an der Westküste der Insel.

Türkisfarbene Buchten, traumhafte Panoramen (über die Adria und die benachbarte Insel Hvar) sowie herrliche, sandig-steinige Schotterpisten über felsdurchsetzte, karstige Weidegebiete. Den Fußmarsch zur Eremitage Blaca lassen wir nicht nur uhrzeitbedingt aus – die landschaftlichen Reize haben die Kapazität unserer Sinneswahrnehmungen für einen Tag ohnehin wieder einmal vollkommen vereinnahmt. So landen wir am späten Nachmittag wieder unten an der buchtigen Küste, an der sich auch die geheimnisvollen U-Boot-Bunker – Relikte der Republik Jugoslawien – befinden.

Als wir in einer der Buchten (Smrka Bay) eine kurze Schwimmeinheit einlegen, kommt ein Jeep mit 3 Jungs zum einzigen (auf uns verlassen wirkenden) Haus in der Bucht. Sie laden uns ein, mit ihnen ein Bier zu trinken und ihrer Bandprobe zu lauschen. Als wir einen Blick in den Proberaum werfen und die Frage gestellt wird, ob wir auch ein Instrument spielen, mache ich (Peter) den kapitalen Fehler zu erwähnen, dass ich vor 25 Jahren einmal Klavier gespielt habe. Jetzt gibt es kein Zurück mehr – die 3 Jungs fordern mich so lange auf, den leeren Stuhl am Piano einzunehmen, bis ich nachgeben muss, allen Beteuerungen zum Trotz, dass ich nichts, rein gar nichts mehr spielen kann. Die ungeplante Jam-Session entpuppt sich jedoch als überaus spaßig, vor allem weil dem Sänger ein paar echt coole, emotionale Texte (englisch) spontan über die Lippen kommen. Am Ende plauschen wir bei einem Glas (selbstproduzierten) Rotwein über Kroatien, Brač, den Krieg in den 90ern, Corona, Tourismus (einer der 3 hat www.explorebrac.com gegründet) sowie Gott und die Welt … dabei hören wir die Aufnahmen durch, von denen einige echt gut geworden sind – ob es der Corona-Song oder „Pizza, Pizza“ bis in die Charts schaffen wird, steht in den Sternen. Falls nein, können sich die musikalischen Talente ja auf meine stümperhaften Piano-Sequenzen ausreden 😊

Unser Zelt dürfen wir in ihrer Bucht aufstellen, sie selbst müssen dann nachts wieder nachhause zu ihren Familien. So hatten wir nicht nur einen supernetten Abend, sondern auch einen genialen, ganz offiziellen Zeltplatz.

Der nächste Tag startet bewölkt und für uns mit einer Fahrt in den lieblichen Küstenort Milna, wo wir einmal ordentlich frühstücken. Wieder einmal bekommen wir einen superleckeren Kaffee serviert (unser Urteil: noch besser als in Italien) – dazu gibt es herzhafte und süße Leckereien aus der Bäckerei nebenan. Danach geht es in einem Bogen retour nach Sumartin, wo wir wieder die Fähre nach Makarska nehmen.

Dazwischen liegen einige sehr lässige Straßen und Schotterpisten – vor allem rund um den höchsten Berg nicht nur von Brač sondern von allen kroatischen Inseln: die 778m hohe „Vidova Gora“. Der lange, aber immer sanfte Anstieg wird mit einem herrlichen Panoramablick belohnt, unter anderem auf Bol und das Goldene Horn sowie über die gesamte Nachbarinsel Hvar.

Die etwa 10km lange Piste nach Pražnica (teils herrlich sandig, teils felsdurchsetzt, teils tiefer, grober Schotter) taufen wir Salbei-Trail, da links und rechts immer wieder lila blühende, herrlich duftende Salbeistauden die Wegesränder schmücken. Gut gerüttelt und geschüttelt und auch schon etwas müde fahren wir den Rest der Strecke dann asphaltiert zurück zum Hafen. Ein Ruhetag in Makarska, an dem es ohnehin für einige Stunden ordentlich regnet, kommt uns gerade recht.  

Der 3. Ausritt mit Bike und Zelt führt uns auf die Insel Hvar, etwas südlich von Makarska (30 km auf der D8 bis Drvenik). Wieder setzen wir mit Jadrolinija über und radeln von Sućuraj westwärts auf der mit 67,5 km längsten Insel Kroatiens. Zuerst 30 km bequem auf der kaum frequentierten „Hauptstraße“, danach vollkommen einsam über eine Schotterpiste Richtung zweithöchster Erhebung der Insel. Bei der in 410 m Seehöhe gelegenen Bergkirche „Crkva Sveti Ante“ rasten wir etwas länger und genießen den Ausblick auf die südliche Küste Hvars und die kleine, vorgelagerte Insel Šćedro (Naturpark).

Der Ausblick auf die türkisenen Buchten unter uns ist so verlockend, dass wir vom höchsten Aussichtspunkt der Schotterpiste (ca. 550 m) hinunter in die kleine, entzückende Ortschaft Zavala brausen, um uns im herrlich klaren Wasser eine ausgedehnte Schwimmeinheit zu gönnen.

Danach gibt’s noch Kaffee und Radler in der netten Zaca Bar, ehe wir wieder die 550 Höhenmeter berghoch strampeln in der Hoffnung auf gutes Fotolicht oben am Berg. Eine Wolkenbank macht uns einen Strich durch die Rechnung und so rollen wir flott bergab nach Jelsa an die Nordseite der Küste, wo wir im vorab recherchierten Camp Grebišće (Ökocamp) einchecken. Unser Zelt dürfen wir platzieren wo wir wollen – coronabedingt ist nicht viel los momentan. So genießen wir einen lauschigen Sommerabend mit Blick aufs Meer und vor allem am nächsten Morgen einen phantastischen Sonnenaufgang, da der orange Ball früh morgens direkt zu uns ins Zelt hereinleuchtet.

Kurz haben wir überlegt mit der Fähre von Stari Grad hinüber nach Split zu fahren, aber irgendwie hatten wir keine Lust auf die dann doch längere, und uns ja schon bekannte, Fahrt auf der D8 hinunter nach Makarska. Also geht es nach dem Frühstück in Jelsa wieder retour nach Sućuraj, die letzten 30 Hvar-Kilometer auf bekannter Strecke, was in die Gegenrichtung nicht weiter schlimm ist. Bei einem Bauern entlang der Straße kaufen wir Olivenöl und Honig und freuen uns auf der Fährfahrt nach Drvenik schon richtig auf die abendliche Abkühlung im Meer. Bis dahin schwitzen wir noch ordentlich die 30 Kilometer zurück nach Makarska – die schönen Bilder im Kopf entschädigen aber mehr als gebührend.

Zum Abschluss unserer Dalmatien-Tage rücken wir ohne Bikepacking-Taschen aus und starten früh morgens hinauf zum Sveti Jure – von Null auf 1.767 Meter Höhe. Ein gewaltiger Anstieg inmitten der vegetationsarmen Karstlandschaft des Dinarischen Küstengebirges – großteils einspurig, aber bis zum Gipfel hinauf asphaltiert. Mit Sicherheit einer der schönsten Berge, die man als Radfahrer am europäischen Festland erklimmen kann, nicht so austauschbar wie die sich ähnelnden Alpenpässe, im ständigen Blickwechsel zwischen wilder Gebirgslandschaft und den dalmatinischen Inseln inmitten der tiefblauen Adria. In jedem Fall extravagant und erhaben … nicht umsonst nennen ihn die einheimischen Rennradler auch gerne den Mont Ventoux Kroatiens.  

Etappen und GPS-Tracks:

Details zur Ausrüstung:

… haben wir in einem extra Beitrag zusammengefasst.