Perchtoldsdorf – Kotor: mit dem Rad nach Montenegro

Perchtoldsdorf – Kotor: mit dem Rad nach Montenegro

Oktober 2012.
1.290km, 11.000 Höhenmeter und 66 Std. im Sattel waren wir unterwegs von unserem Zuhause in Perchtoldsdorf durch die Steiermark, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina bis Montenegro.
12 eindrucksvolle Etappen über einsame Weinhügel, durch mystische Wälder sowie entlang der prachtvollen kroatischen Küste vorbei an märchenhaften Städten, türkisfarbenen Buchten und bunten Häfen.
50% Sonne – 50% Wolken und einige Stunden Starkregen inkl. Gewitter gestalteten unsere Reise zusätzlich kontrastreich und spannend.

Vorgeschichte: Warum Perchtoldsdorf – Kotor?

An sich sind wir leidenschaftliche Mountainbiker und seit einigen Jahren aktive XTERRA-/Cross-Triathleten. Breite Straßen und motorisierten Verkehr kennen wir vom Autofahren her – am Bike lieben wir  einsame, naturnahe Trails.
Die letzten Jahre ließ ein dichter Rennkalender von April bis Oktober keine “gemütlichen” Mehrtagestouren zu. Auch freie Urlaubstage waren wegen Trainingslager und Wettkampfreisen immer recht spärlich.
Heuer kam unerwartet alles anders. Ende Mai verletzte sich Hana bei einem Bike-Sturz am Knie – Diagnose: Kreuzband-Riss. Ärger und Frust wichen bald Gedanken zu einer möglichst zeitnahen OP, Reha und perspektivischen Zielen.
Nach einer sehr schnellen und hilfreichen ärztlichen Betreuung und Diagnose in Wien (Danke an Dr. Alexander Zembsch) sowie Operation im Salzburger Landeskrankenhaus (Danke an Dr. Helmuth Eggl und Dr. Helmut Klampfer) konnte Hana exakt 6 Wochen nach dem Unfall (fixe Wartezeit für OP nach Knie-Traumatisierung) Anfang Juli bereits mit der Reha beginnen. Extrem wichtig in dieser Phase erwies es sich, im Rahmen des Möglichen Ziele und Pläne zu schmieden. Schwimmen und lockeres Radeln waren bald wieder möglich – nur Laufen war für weitere 3 Monate tabu.
Die Rennsaison war für Hana damit definitiv abgehakt … und an richtiges Biken im Gelände konnte sie auch für längere Zeit nicht denken. Also schien uns als beste Alternative Radeln auf der Straße mit nicht nur (wie gewohnt) Trainings- sondern v.a. Erlebnis-/Touren-Charakter.

Ganz jungfräulich waren wir hinsichtlich Straßen-Projekte nicht – im Vorjahr machte schon unser “Tagesritt: Wien – Passau” Lust auf mehr. Bald kristallisierte sich eine mehrtägige Straßentour mit moderaten Höhenmetern als optimales Herbst-Ziel heraus, mit dem im Kopf die Reha-Übungen und das Zusehen bei den Rennen Hana deutlich leichter fielen, als mit fernen Wettkampfplänen für 2013.
Nach einem ersten Brainstorming mit Hilfe von Google Maps war bald klar: uns zieht es in den Süden – entlang der kroatischen Küste – mit dem Ziel Kotor in Montenegro … jene mystische und geschichtsträchtige Bucht, die alleine von ihrer Form auf der Landkarte her faszinierend und einzigartig wirkt.
Kurz überlegten wir auch, mit dem Zug nach Villach oder mit dem Bus nach Triest zu fahren, um direkter an der Küste zu starten. Sehr bald entschieden wir uns jedoch für einen Tour-Beginn von zu Hause weg, was nicht nur hinsichtlich Relation der Distanzen interessanter ist, sondern die gesamte Reise auch gefühlsmäßig irgendwie bedeutsamer macht – es berührte uns einfach mehr, unsere Tour von daheim aus zu starten.

Unser erster Weg führte uns daraufhin zu Freytag & Berndt am Kohlmarkt, wo schon zahlreiche Touren und Reisen ihren Anfang genommen hatten. Eingedeckt mit sämtlichem Kartenmaterial begann dann die Detailplanung: Etappen, Tages- und Gesamtkilometer, Höhenmeter, …
Die Packliste war schnell erstellt, nachdem die Entscheidung auf Gepäckträger und Taschen anstelle von Rucksack gefallen war.
Also rüsteten wir unsere Trainingsbikes – Flashi 2 bekam bei CICLOPIA eine Spezialkonstruktion für die Gepäckträgeraufnahme in den Rahmen geklebt … aus der Reifenkiste im Keller fischten wir alte Maxxis Wormdrive Semi Slicks und Schwalbe Furious Freds, die uns für unser Vorhaben durchaus geeignet schienen … und dann konnte es bald losgehen.

Alle Etappen im Detail:

1. Etappe: Perchtoldsdorf – Hartberg (126.5km – 1.215hm
2. Etappe: Hartberg – Maribor (128.4km – 1030hm)
3. Etappe: Maribor – Sevnica (108.3km – 570hm)
4. Etappe: Sevnica – Ogulin (132km – 1.425hm)
5. Etappe: Ogulin – Senj (92km – 1.200hm)
6. Etappe: Senj – Pag – Ražanac (117.5km – 1.320hm)
7. Etappe: Ražanac – Šibenik (109.5km – 665hm)
8. Etappe: Šibenik – Split (89.9km – 510hm)
9. Etappe: Split – Opuzen (132.6km – 1.085hm)
10. Etappe: Opuzen – Dubrovnik (88.1km – 800hm)
11. Etappe: Dubrovnik – Kotor (91.9km – 650hm)
12. Etappe: Kotor – Bar (66.1km – 850hm)
Die Rückreise

Fazit

In Erinnerung haben wir eine Menge wunderbarer Momente, Begegnungen und Erfahrungen, die das gesamte Projekt Perchtoldsdorf – Kotor für uns überaus lohnenswert machten.
Die ersten 5 Etappen bis an die kroatische Grenze war unsere Reise extrem abwechslungsreich, spannend und goßteils einsam. Danach glänzte zwar die Küstenlandschaft mit einigen hochkarätigen Highlights – der allgegenwärtige Touristen-Flair, schier genervte Einheimische und selten das Gefühl willkommen zu sein, trübten allerdings etwas die Gesamtnote.
Wahrscheinlich geht es Reisenden im April/Mai hier besser, da der Unmut vieler Tourismus-Dienstleister im Lauf der Hauptsaison bekanntlich steigt.
Hinsichtlich Landschaft und Kulinarik stellte sich bei uns nach 2-3 Tagen an der Küste auch eine gewisse Übersättigung ein. Selbst die türkisesten Buchten und die malerischsten Ortschaften faszinierten uns am Ende nicht mehr so sehr wie zu Beginn. 6-7 Std. täglich im Sattel bringen eine ungeheure Flut an Eindrücken und Ausblicken, die am Ende des Tages im Gedächtnis oft  verschwimmen.
Kulinarisch war es am Ende schwierig, abseits von Fastfood-Buden (mit deren Überangebot an Pizza und Fleisch/Fisch mit Pommes) halbwegs was “Gscheites” zum Beißen zu bekommen, vor allem wenn man sich wie Hana vegetarisch ernähren möchte. Je südlicher wir fuhren, desto höher wurde der Prozentsatz an Pizza und Blätterteig. In Bar stand schlußendlich an 20 von 20 Restaurants groß und fett das Schild “Pizzeria” und in den Pekaras und Supermärkten gab es keine Kuchen mehr – nur noch Blätterteig.
Von uns dennoch ein klares “Daumen hoch” für die gesamte Reise, deren Highlights wir hier nochmals kurz listen möchten:

  • Unterkunft/Bewirtung/Morgenstimmung im Hotel Berghof/Hartberg
  • ab Slowenien: Café-Preise; Bäckerei/Pekar(n)a quasi an jeder Ecke
  • einsamste Weinstraßen am Weg nach Novo Mesto
  • Märchen-Route nach Ogulin
  • Bergstraße und Überfahrt zur kroatischen Küste
  • Karlovačko Grapefruit-Radler
  • Salbei- und Thymianbüsche ab der Küste soweit das Auge reicht
  • weiße Fels-Inseln von Senj bis Pag
  • Oliven- und Granatapfelbäume von Zadar bis Montenegro
  • allgegenwärtig: die faszinierende Bergkulisse im kroatischen Hinterland
  • Altstadt von Šibenik
  • Primošten (märchenhafter Küstenort)
  • Abendstimmung in Split
  • türkise Buchten und glasklares Meer zwischen Split und Dubrovnik
  • Baćina-Seen nahe Ploce/Opuzen
  • Mandarinen-Plantagen bei Opuzen
  • Altstadt von Dubrovnik
  • bei besserem Wetter bestimmt: die Ehrenrunde in der Boka kotorska (Bucht von Kotor)
  • Kotor bei Nacht
  • nach 2 Tagen Heimreise: Ankunft zu Hause

Start Reisebericht Etappe 1