Mit Rad und Zelt durch Skandinavien 04:
Die West-Küste Dänemarks

Mit Rad und Zelt durch Skandinavien 04:<br>Die West-Küste Dänemarks

Bei der Planung unserer Skandinavien-Reise konzentrierten wir uns so stark auf Norwegen, dass wir hinsichtlich Dänemark keine großen Vorstellungen oder gar Erwartungen haben, als wir in Hirtshals mit der Fähre von Langesund anlegen. Dänemark liegt für uns halt einfach auf dem Weg von Norwegen in den Süd-Westen Europas … umso positiver überrascht sind wir bald hinsichtlich der landschaftlichen und atmosphärischen Reize dieses wunderbaren Landes.

Hirtshals Fyr

Hirtshals Fyr

Wir fahren großteils den Radweg Nr. 1 – den „Vestkyststien“ – der meistens über Schotter- und Sandpisten ungemein kontrastreich die Nordseeküste entlangführt. Immer wieder radeln wir einsam durch märchenhafte Wälder, entlang ausgedehnter Dünen-Hügellandschaften und stellenweise sogar direkt am Strand … an sich perfekt zum gemütlich Fahrradfahren, wäre da nicht der brutale Wind, der uns die ersten Tage gnadenlos entgegenweht – oft so stark, dass er uns zum Stillstand zwingt. Die Fahrt von Nord nach Süd-West wird für uns vor allem kopfmäßig zur absoluten Härteprüfung und lässt die Strapazen der norwegischen Berg-Etappen zum Kinderspiel verblassen.

extremer Sturm an der Westküste Dänemarks

extremer Sturm an der Westküste Dänemarks

„Die Hölle des Nordens“ ist nicht irgendwo zwischen Paris und Roubaix … sie ist in Dänemark.

Vor allem die ersten Tage zehren die endlos scheinenden Geraden frontal gegen die 60-100km/h Sturmböen, zu denen sich immer wieder peitschender Nieselregen mischt, ordentlich an der Substanz – wir trösten uns mit dem Gedanken, dass der Sturm auch etwas Positives hat: wir verbringen so deutlich mehr Zeit in einem absolut sympathischen Land und können die zahlreichen Eindrücke dadurch besser verarbeiten. Dennoch fluchen wir an diesen Tagen so viel wie nie zuvor, vor allem an Tag zwei, an dem wir erst nach 105km und 12 Stunden erschöpft unseren Zeltplatz erreichen.

Folterstrecke Hanstholm - Klitmøller

Folterstrecke Hanstholm – Klitmøller

Anders als in Norwegen und Schweden ist in Dänemark das „wild Zelten“ nicht erlaubt. Dafür gibt es im ganzen Land eine Menge ausgewiesener „Naturrastplätze“, bei denen das Übernachten im Zelt gestattet ist. Oft gibt es hier auch WC, Wasser und eine Feuerstelle – viele haben sogenannte „Shelter“ – das sind Schlafkojen aus Holz, die wir auch gerne nutzen und uns dadurch das Trocknen unseres Zelts sparen, da es auch in der Nacht oder in der Früh meistens regnet oder nieselt. All diese sensationellen Plätze sind auf der Plattform naturstyrelsen.dk mit Detail-Informationen verzeichnet – wir haben im Vorfeld einige entlang unserer Strecke mit Waypoints auf unserem GPS-Track markiert, was das Auffinden vor Ort enorm erleichtert. Darüber hinaus gibt es eine hilfreiche Shelter Handy-App.

Als der Sturm auch am 3. Tag nicht abnimmt, gönnen wir uns zu einen Ruhetag in Agger – eine weise Entscheidung, da die Fähre von Agger nach Thyborøn auf Grund des heftigen Windes nicht verkehren kann. Wir fragen den Gastgeber im Danhostel, in dem wir zwei Nächte verbringen, ob das im Sommer öfter vorkommt. Der gut 60-jährige Mann lacht und meint: „Oh no, that’s many years ago …“ – dass der Sommer sehr untypisch kalt, regnerisch und stürmisch ist, hören wir nicht zum erstenmal.

Nach unserem erholsamen Ruhetag geht es zwar windig weiter, aber dafür strahlt erstmals auch länger die Sonne und wir verbringen viel Zeit mit Pausen- und Foto-Stopps. Wir bewundern die Dünen-Landschaft des Thy Nationalparks, die unterschiedlichsten uns unbekannten Vogelschwärme, den mächtigen Leuchtturm von Bovbjerg und genießen sogar ab und zu etwas Wind von der Seite und erstmals auch von hinten – nach den Tagen zuvor ein echter Balsam für die Seele.

Bovbjerg Fyr

Bovbjerg Fyr

Immer wieder passieren wir idyllische Dorfkirchen, die kleinste Dänemarks steht nicht unweit der größten von ganz Skandinavien. Erste Reetdach- und Backstein-Häuser schmücken die Dörfer und Siedlungen. Es gibt immer wieder kleine Museen und Antik-Läden entlang der Strecke – ansonsten ist die Region sehr landwirtschaftlich geprägt. Viele Bauern preisen am Straßenrand in kleinen Selbstbedienungsläden ihre Produkte an.

Viele Bauern preisen am Straßenrand in kleinen Selbstbedienungsläden ihre Produkte an

Viele Bauern preisen am Straßenrand in kleinen Selbstbedienungsläden ihre Produkte an

Was uns in Dänemark auffällt: das Land ist flach wie Holland, aber gefühlt jede zweite Straßen- und Ortstafel beinhaltet das Wort „Bjerg“ – wir fragen unsere Gastgeberin vom Tjæreborg Teltplads (Tipp!), wieso dem so ist. Sie meint nur: „Keine Ahnung, vielleicht hätten wir einfach auch gern ein paar Berge …

flach wie Holland und doch überall der Name „Bjerg“

flach wie Holland und doch überall der Name „Bjerg“

Nach einer extrem harten aber rückblickend absolut lohnenden Woche mit etwa 520 Kilometern verlassen wir Dänemark und strampeln in Schleswig-Holstein weiter Richtung Süden.

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