Schottland – mit Rad und Zelt durch die Highlands

Schottland – mit Rad und Zelt durch die Highlands

An sich wollten wir schon 2020 nach Schottland – dann kam Corona … heuer klappte es jedoch und wir konnten Mitte Mai bis Anfang Juni eine großartige Runde durch die schottischen Highlands drehen. Rückblickend fanden wir in Schottland alles, was wir uns im Vorfeld erträumt hatten – und noch mehr. Für immer in Erinnerung werden nicht nur die grandiosen, einsamen Naturlandschaften bleiben, sondern auch das sensationelle Netz an schmalen Asphalt-Straßen und geschotterten Pisten, das Radreisenden aller Art fast unendliche Möglichkeiten bietet.

Dass wir großteils sehr schottisches Wetter hatten, tat unserem Genuss selten Abbruch, auch wenn es vor allem ab der 2. Woche überraschend kalt war, wir oft stundenlang im Regen fuhren und uns immer wieder heftige Stürme zusetzten, die vor allem auf der Insel Skye so tosten, dass wir auf die dort geplanten 3 Etappen verzichteten … was wahrscheinlich ohnehin kein Fehler war, bieten doch die schottischen Highlands für Radreisende tausendmal mehr Reize, als die touristisch überfluteten Hotspots von Skye, zu denen Wohnmobil- und Auto-Karawanen strömen, was für Radfahrer auf den Straßen mühsam und bei Sturmböen schnell kritisch werden kann.   

Wie durch ein Wunder schafften wir es dennoch trotz widrigen Wetters jeden Abend in ein trockenes Zelt. Mal fing es wenige Minuten nach dem Zelt-Abbau an zu regnen, mal wenige Minuten nach dem Aufbau … oft packten wir unser Zelt fetznass in den Packsack und konnten dann unterwegs eine kurze Regenpause bei Wind und Sonne zum Trocknen nutzen. Mangels Angebote verbrachten wir nur eine Nacht in einem B&B und zwar in Inverness. Ansonsten fluchten wir ein paarmal über die Schilder „no vacancies“ an den Unterkünften – das ein oder andermal hätten wir uns durchaus ein Dach über dem Kopf gewünscht, doch ohne Vorreservieren läuft in einigen Gegenden offenbar gar nichts. Doch Vorreservieren kam für uns nie in Frage – Wind, Wetter und Wegbeschaffenheit waren für uns in den Highlands zu unberechenbar, um ein paar Tage im Voraus ein Quartier zu buchen. So groß dann oft im ersten Moment die Enttäuschung war, so unerwartet wurden wir dann meistens belohnt – mit großartigen Zeltplätzen, die uns stets ein wohliges Gefühl von Geborgenheit und Freiheit inmitten einer wunderbaren Naturlandschaft bescherten.

Übersicht

Gesamt: ca. 960 km/12.400 hm

Video-Premiere

Eine Premiere gab es bei dieser Reise für uns: neben unserer Fotokamera mit 2 Objektiven packten wir diesmal auch diverses Video-Equipment mit in die Taschen, da wir beschlossen hatten, unsere Reisen künftig auch vermehrt mit bewegten Bildern zu dokumentieren. Also gibt es erstmals auf love2.bike auch ein 3:35 min. langes Reise-Video, das wir quasi als Appetit-Macher gleich zu Beginn unseres Berichts zeigen möchten:

Unsere Reise

Unsere Reise beginnt Mitte Mai mit einer ca. 1.000km Autofahrt von daheim zum Campingplatz „Recreatiecentrum Bots Holland“, an dem wir unseren Caddy für etwa 3 Wochen parken. Tags darauf radeln wir etwa 55km, durchs Zentrum von Amsterdam, bis zum Fährhafen in IJmuiden, von wo aus wir mit der DFDS über Nacht nach Newcastle übersetzen. Nach Ankunft in Großbritannien (hurra: Linksverkehr!) geht es für uns etwa 15 km am Radweg ins Zentrum zum Hauptbahnhof und kurz darauf per Bahn nach Edinburgh (ca. 1,5 h – Tickets inkl. 2 Stell-Plätze für Räder hatten wir vorab gebucht). Im Zentrum von Edinburgh starten wir dann den Prolog unserer eigentlichen Reise – mit einer sonnigen Fahrt (20 km) entlang der Küste und einem herrlichen Zeltplatz am Rande des Firth of Forth.

Etappe 1

Am windstillen Morgen fotografieren wir eifrig die in der Sonne strahlende, gigantische rote Eisenbahnbrücke „Forth Bridge“ (Baujahr 1882-1890), bevor wir selbst auf dem Eurovelo 12 (Forth Road Bridge) über den an dieser Stelle gut 2,5 Kilometer breiten Fjord radeln.

Auf dem Bahntrassen-Radweg der alten Eisenbahnlinie von Dunfermline nach Alloa geht es dann flott aber wenig spektakulär weiter. Wir passieren einige Ortschaften, kaufen etwas Proviant und landen schließlich in Callander – für viele, wie auch für uns, das Tor zu den Highlands. Am Rande des Nationalparks „Loch Lomond and the Trossachs“ wird unsere Reise ab hier so richtig „schottisch“ – was die Landschaft, die Farben der Berge und des Wassers, die Straßen und Wege, die Einsamkeit, aber auch das Wetter angeht – so hatten wir uns Schottland in unseren Träumen immer vorgestellt. Nebel und Nieselregen verleihen der Umgebung das für die Highlands so charakteristische mystische Flair. Wenn dann inmitten der kahlen Bergkuppen, die alle Schattierungen von grün präsentieren, eine verwilderte, steinerne Hütte auftaucht, muss natürlich trotz Regens die Fotokamera gezückt werden.

In der Nähe des Arivurichardich Bothy (private Schutzhütte) und des kleinen Wasserkraftwerks stellen wir unser Zelt auf und hoffen auf ein paar Sonnenstrahlen am nächsten Morgen. „Geduscht“ wird im benachbarten Bach, gekocht in einer kurzen Regenpause.

Etappe 2

Der heutige Morgen schenkt uns tatsächlich das heiß ersehnte Sonnenfenster, wenn auch nur für etwa 20 Minuten. Diese reichen jedoch vollkommen, damit sich die phantastischen Farben der Hochebene zwischen Ben Each (813m), Meall Odhar (629m) und Uamh Bheag (666m) tief in unser Gedächtnis prägen.

Eine gut fahrbare Doubletrack-Piste führt uns auf- und abwärts Richtung Comrie. Wir sichten einige Wildtiere, die seelenruhig entlang vereinzelter Waldabschnitte stolzieren. Bei den ersten Schaf-Farmen geht dann unsere Piste in eine schmale Asphaltstraße über, die uns zurück in die Zivilisation bringt.

Comrie ist eine hübsche, ruhige, kleine Ortschaft an den Ufern des Earn River. Wir legen eine kurze Tee- und Kuchenpause ein, bevor es für uns weiter nach Crieff geht – ein Zentrum der „Council Area Perth and Kinross“ mit einer langen, aufregenden Geschichte und entsprechenden touristischen Reizen. Dennoch sind wir bald wieder relativ allein unterwegs in einem wunderschönen schmalen Tal Richtung Kenmore. Vorbei am Loch Freuchie, kleinen Dörfern und gigantischen Schafweide-Gebieten geht es über eine kleine Passstraße (auf Komoot unter dem Titel „Alpe d’Quaiche“) etwa 250 Höhenmeter steil bergauf. Am Fuße der einspurigen Straße stehen Warn- (Winter/Schnee) und Fahrverbots- (LKW/Wohnmobile) Schilder – perfekt für alle, die mit dem Fahrrad Richtung Kenmore und Loch Tay unterwegs sind. Genau auf der Passhöhe beginnt es zu regnen – die 400 Höhenmeter Abfahrt sind dennoch ein Hochgenuss: der Asphalt hervorragend, das Gefälle perfekt, kein Verkehr und ringsum eine wunderbare, karge Berglandschaft.

Von Kenmore geht es dann für uns bald wieder aufwärts. Wir haben im Vorfeld unser Etappenende entlang der einsamen Schiehallion Road geplant und sind optimistisch, einen feinen, ruhigen Zeltplatz auf der Hochebene am Fuße des 1.083m hohen Munros zu finden (Munro = jeder schottische Gipfel, der höher als 3000 ft / 914,4 m ist). Einsam und herrlich gelegen wird es dann auch – allerdings bescheren uns einige heftige Sturmböen keine wirklich ruhige, erholsame Nacht.

Etappe 3

Die heutige Etappe wird ohne Zweifel zu den lohnendsten Abschnitten unserer Schottland-Radreise zählen. Einsam und naturnah führt unsere Route zu Beginn etwa 17 Kilometer relativ flach entlang des Loch Rannoch. Schon bei den letzten Häusern in Bridge of Gaur ist von Internet keine Spur, insofern haben wir heute keinen aktuellen Wetterbericht, aber es sollte nicht zu wild werden – die Prognose gestern war nicht so schlimm.

Die B846 entlang des River Gaur schlängelt sich angenehm berghoch. Farbe, Breite und Wildheit des Flusses faszinieren uns. Ein paar Kilometer vor der berühmten Rannoch Station mitten im Nirgendwo zweigen wir rechts ab auf die Schotterpiste entlang der Ausläufer des 130km² großen Rannoch Moor, welches dank der absoluten Unberührtheit ein wertvolles Paradies der Abgeschiedenheit, Ursprünglichkeit und Ruhe ist.

Zahlreiche Torfsümpfe, Bäche und Seen liegen in und rund um dieses riesige, unbewohnte Areal. Wir sind glücklich und dankbar, dass wir hier auf einer genialen Schotterpiste am Rande des Moors tief in die schottischen Highlands tauchen dürfen.

Immer wieder wechseln dichte Wolken, Nieselregen und ein paar kurze Sonnenfenster. Dreimal heißt es für uns Schuhe ausziehen und mit Plastikschlapfen an den Füßen ein paar Schritte durch einen tieferen Bach die Räder schultern. Wir haben es zum Glück nicht eilig. Immer wieder bleiben wir stehen und staunen über die weiten und prachtvollen Panoramen, die sich uns alle paar Meter aufs Neue offenbaren. Der Himmel ist stark bewölkt, aber immerhin regnet es nicht und ab und zu schaffen es sogar ein paar Sonnenstrahlen zu uns, was jedes Mal für phantastische Kontraste und Lichtstimmungen sorgt.

Nach etwa 350 Höhenmetern berghoch geht es ein paar Kilometer traumhaft, da nahezu flach dahin, ehe wir 150 Höhenmeter bergab zum Loch Ossian rollen, an dessen westlichem Ufer eine Jugendherberge liegt – fernab asphaltierter Straßen, aber halbwegs in der Nähe der Bahnstation Corrour. Wir fahren am nördlichen Ufer des Loch Ossian entlang und suchen uns in einem halbwegs ebenen und trockenen Waldstück am Ufer (Rarität!) einen wunderschönen Zeltplatz. Wieder wechseln Regen und Sonne, während wir uns im See waschen und ein wärmendes Abendessen kochen. Auch wenn immer wieder ein paar heftige Windstöße an unserem Zelt rütteln, endet dieser Traumtag in unserer Erinnerung einfach nur heimelig und wunderbar ruhig.

Etappe 4

Früh morgens blinzelt die über dem Loch Ossian aufgehende Sonne in unser Zelt. Wenige Minuten später sieht der Himmel schon wieder düsterer aus, sodass Frühstück und Zeltabbau nicht sehr gemütlich werden. Die Schotterpiste entlang des malerisch mäandernden River Ossian zum Loch Ghuilbinn ist dafür ein Traum. Wilde, whiskyfarbene Bäche strömen von den Hängen der umliegenden Munros. Gegenüber von uns (Beinn Eibhinn, 1.102m) stürzen mächtige Wasserfälle in die Tiefe. Schade, dass es mittlerweile wieder regnet und die Blicke auf die umliegenden Gipfel nicht frei sind. Sollten wir jemals wieder nach Schottland reisen, dieser Gegend nördlich von Loch Rannoch würden wir definitiv mehr Aufmerksamkeit und Zeit schenken.

Als wir nahe von Loch Laggan auf die A86 stoßen, liegen die Highlights des Tages bereits hinter uns. Die gut 20 Kilometer nach Spean Bridge führen tendenziell bergab. Mittlerweile schüttet es kräftig, sodass wir im Spean Bridge Mill Café gegenüber vom kleinen Spar Markt eine längere Kaffeepause und -jause einlegen, um uns etwas aufzuwärmen. Wir machen es uns auf an einem großen Holztisch bequem, arbeiten ein wenig am Laptop und bestellen einmal „Tea for two“ – eine mit Süßem und Herzhaftem beladene Etagere – alles kein Hochgenuss, aber der Kaffee ist riesig und schmeckt sehr gut.   

Am westlichen Ufer des Loch Lochy wechselt der Belag wieder von Asphalt auf Schotter.  Wir fahren noch etwa 12 Kilometer am Ufer entlang bis zum „Wild Campsite“ direkt am See. Die beliebte Wanderroute von Fort William nach Fort Augustus führt auch hier entlang. Ein paar wenigen Mehrtageswanderern begegnen wir, unter anderem Sibtain aus Pakistan, der seit kurzem als Arzt in Großbritannien arbeitet. Wir essen gemeinsam und tauschen Reiseerfahrungen und Schokolade aus, danach zieht er weiter. Wir bleiben am idyllischen Ufer des Loch Lochy, baden kurz im frischen Wasser und sind froh darüber, dass es die Sonne wieder zu uns geschafft hat und zusammen mit einem feinen Lüftchen unser fetznasses Zelt schön trocknet. Einziger Wermutstropfen am Loch Lochy: sobald der Wind nachlässt, stürzen sich tausende Midges auf alles, was nackt ist an Haut. Mit Moskitonetz über dem Kopf zum Glück halb so wild – die anderen Körperteile sind temperaturbedingt ohnehin gut eingepackt.

Etappe 5

Die ersten flachen Kilometer entlang des Caledonian Canal (dieser verbindet zwischen Inverness und Fort William die West- und Ostküste Schottlands) sind herrlich ruhig. Die wohltuende Morgensonne taucht alles in bunte Farben: Landschaft, Häuser, die Boote am Kanal, Fahnen … alles strahlt und leuchtet heute Morgen ungewohnt kräftig.

In Invergarry stoßen wir auf die A87, die zur Insel Skye führt – das bedeutet für uns: etwas mehr Verkehr, dafür feiner Asphalt und eine gut ausgebaute, breite Straße. Etwa 300 Höhenmeter steigen wir aufwärts zu einer Anhöhe zwischen Loch Garry und Loch Loyne. Die schöne Aussicht bei Sonne nutzen wir für eine erste Tee- und Kuchenpause.

Anschließend geht es bergab Richtung Loch Cluanie, der malerisch von hohen Bergen umringt ist. Wir lassen unserer Blicke schweifen über die kleinen Inseln, die zahlreichen Wasserfälle und Bäche, die den gut 10 km langen Stausee speisen, bis hin zu den 1.000 Meter hohen Gipfeln, von denen stellenweise noch letzte Schneereste herunterleuchten. 

Die gut 10 km Abfahrt (etwa 250 Höhenmeter) nach Shiel Bridge (Loch Duich) sind großartig. Beim Infoschild „Ferry to Skye“ planen wir spontan unserer Route um und entscheiden uns für eine schmale Seitenstraße anstelle der mittlerweile doch recht stark frequentierten A87, auch wenn wir damit nicht zum berühmten Eilean Donan Castle gelangen – dem touristischen Verkehr nach haben wir aber ohnehin wenig Lust darauf. Wir überprüfen schnell online den Fahrplan der Fähre (alle 20 Minuten – http://skyeferry.co.uk/) und starten motiviert unsere Alternativ-Route Richtung Skye. Dass bis dahin zwei saftige Anstiege mit je ca. 300 Höhenmetern liegen, hatten wir irgendwie ausgeblendet – mittendrinn fällt es uns wieder ein, dass wir bei der Routenplanung daheim auf Grund der vielen Höhenmeter der A87 den Vorrang gegeben hatten. Egal, jetzt sind wir schon da und kurbeln langsam aber noch gut gelaunt zum Mam Ratagan Pass. Großartig ist der Ausblick dann vor allem auf der anderen Seite des Passes Richtung Skye über das weite Tal des Glenmore River hinunter nach Glenelg – die Abfahrt ist einfach nur herrlich. Kaum angekommen am kleinen Fährhafen rollen wir schon zusammen mit ein paar Motorradfahrern auf das Minifährschiff. Wir beobachten interessiert alle Handgriffe und Abläufe – allein die zünftige Atmosphäre rund um „The Original Glenelg-Skye Ferry“ ist ein besonderes Erlebnis und lohnt den „Umweg“ über die Berge.

Die Auffahrt von Kylerhea beginnt relativ zahm. So gut wie kein Verkehr hier und die Aussicht über Küste und Meer lässt ohnehin die Müdigkeit der Beine vergessen. Richtig böse wird dann allerdings noch die letzte Steilrampe (geschätzt 20%) hinauf zum knapp 300 m hohen Bealach Udal Pass, bevor es auf der anderen Seite deutlich flacher bergab Richtung Broadford geht.

Wir checken nach einem Großeinkauf im Co-op Food am gut besuchten Camping Skye ein und freuen uns über eine komplett windgeschützte, überdachte Sitzgelegenheit (wenn auch stromlos). Mittlerweile ist ein heftiger Sturm aufgezogen, der die nächsten 2-3 Tage anhalten soll. Zusammen mit der Menge an Wohnmobilen und Auto-Touristen scheint uns die geplante Skye-Runde bei diesen Sturmböen sinnlos, da auch nicht ungefährlich. Also planen wir um und freuen uns über 3 „gewonnene“ Tage auf unserem Weg über die Westküste zurück in die Highlands.

Etappe 6

Wir verlassen nach einer extrem stürmischen Nacht früh morgens die Insel Skye über die erst 1995 errichtete Skye Bridge. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Insel nur via Fähre erreichbar, was dem individuellen Naturgenuss damals mit Sicherheit zugutekam. Unmittelbar hinter Kyle of Lochalsh zweigen wir von der A87 ab auf eine schmale Seitenstraße, die uns durch märchenhafte, an tropische Regionen erinnernde Wälder Richtung Stromeferry führt. Dem Namen zum Trotz führt hier keine Fähre an das gegenüberliegende Ufer Richtung Lochcarron. Also lassen wir uns vom bombastischen Rückenwind bei heftig prasselndem Dauerrgen bis Strathcarron wehen.

Im kleinen Häuschen am Bahnsteig legen wir eine Trockenpause ein. Zwar machen unsere GoreTex-Jacken einen hervorragenden Job (genauso übrigens wie unser daheim frisch imprägniertes Zelt), aber Kälte und Feuchtigkeit zehren dennoch ordentlich an der Substanz. Auch die Wetterprognose ist nicht sehr rosig. Also beschließen wir uns in Lochcarron ein B&B zu suchen, werden aber nicht fündig – überall heißt es mit Bedauern „no vacancies“. Eine nette Vermieterin fragt für uns sogar die gesamte Nachbarschaft ab – leider … eventuell sei im Hotel etwas zu bekommen. Bei den Zimmerpreisen wählen wir doch lieber den kleinen Campingplatz „The Wee Campsite“. Zwar gibt es hier keinen Gemeinschaftsraum, aber zumindest eine heiße Dusche und eine Steckdose im Bad zum Laden unserer Akkus (der nette Betreiber gab uns sein OK dafür). Zum Glück ist unser Zeltplatz etwas windgeschützter als auf der großen Wiese letzte Nacht am Camping Skye, sodass wir endlich wieder einmal gut und fest schlafen.

Etappe 7

„Auf nach Applecross!“ heißt es heute Morgen, obwohl bei den stürmischen Prognosen leise Zweifel bezüglich Sinnhaftigkeit aufkommen. „Schauen wir mal …“ denken wir uns und starten auf der A896 Richtung Loch Kishorn, von wo es auf die legendäre „Road to Applecross“ gehen wird. Wir starten um 8 Uhr am Loch Carron. Ein kurzes Sonnenfenster beim ersten Anstieg Richtung Kishorn lässt uns wieder dankend staunen über die prächtigen Farben der umliegenden Berge, Wiesen und Gewässer. Und auch bei der Abzweigung Applecross stimmen uns einige Sonnenstrahlen auf den Bergen ringsum optimistisch. Aber wir wissen: das Wetter ändert sich hier ruck-zuck und wenn die Prognose Sturm verspricht, wird es mit Sicherheit am 626 m hohen Bealach na Ba („Pass des Viehs“) nicht sehr gemütlich.

Langsam und mit einigen Foto-Stopps schrauben wir uns die Serpentinen auf der einspurigen Road to Applecross berghoch. Alle paar Meter gibt es „Passing Places“, oft halten wir hier, oft hält unser Gegenüber und wartet geduldig, bis wir an ihm vorüber sind. Selbst für einen normalen PKW wäre ein Passieren von Radfahrern an den meisten Stellen extrem knapp bis unmöglich.

Aber eilig hat es zum Glück kaum jemand auf dieser großartigen Bergstraße und wir genießen den Anstieg voll und ganz … bis uns kurz vor der Passhöhe der stürmische Westwind von den Rädern zwingt. Selbst bergauf schieben wird durch den entgegenkommenden Sturm zu einem gewaltigen Kraftakt. Irgendwann sind wir aber oben angelangt und werden mit einem etwa 1-minütigen Sonnenfenster belohnt, ehe es zu regnen und wenig später auf der nach wie vor extrem stürmischen Abfahrt zum Eishageln beginnt. Wir müssen stehen bleiben und unser Gesicht vor den schmerzenden Hagelkörnern schützen. Zum Glück ist der Spuk bald wieder vorbei und wir rollen langsam, schräg gegen den Wind gelehnt weiter bergabwärts. Überglücklich es gut geschafft zu haben landen wir in Applecross und beschließen auf Grund des heftigen Sturms unsere Etappe schon hier am einladenden Campingplatz zu beenden. Wir haben sogar Glück und ergattern mittags noch für £ 45,- die vorletzte freie „Camping Hut“: eine winzige Hütte mit zwei Holzpritschen + Kunstleder-Matratze, Steckdose und kleiner Elektroheizung – kein wirklicher Luxus, aber: Radreise-Herz, was willst du mehr!? 

Zuvor kommen wir noch in den Genuss eines sensationellen Ganzkörper-Föhns: die nette Betreiberin des Campingplatzes führt uns beim Check-In in eine Art Wintergarten/Gewächshaus, in das aus einer der Wände heiße Luft über mehrere Lüftungsschlitze herausgeblasen wird. Gespeist wird dieser riesige Heiz-Föhn von einem eigenen kleinen Wasserkraftwerk oberhalb des Camping-Areals, welches momentan Energie in Hülle und Fülle produziert, wie uns die Inhaberin versichert. Innerhalb weniger Minuten sind wir samt kompletter Bekleidung staubtrocken und gut aufgewärmt.

Etappe 8

Die Applecross-Halbinsel ist definitiv eine Reise wert. Durch das stetige Auf- und Abwärts genießt man entlang der Westküste immer wieder unterschiedliche Perspektiven und neue Ausblicke. Besiedelt ist die Gegend nur sehr dünn. Wir passieren ein paar kleine Siedlungen mit vereinzelten Häusern und Höfen, Menschen sehen wir kaum.

Erst in Shieldaig, wo wir wieder auf die A896 von Lochcarron treffen, ist etwas mehr los. Leider hat Nanny’s Gastwirtschaft geschlossen – wir hatten uns schon sehr auf einen herzhaften Imbiss dort gefreut, nachdem wir die hervorragenden Bewertungen im Internet gelesen hatten. Dafür bekommen wir in der Shieldaig Bar nebenan einen Tisch nahe der Theke und bestellen Kaffee, Fish & Chips (Peter) und Gemüsiges (Hana). Die Stimmung in der Bar ist gut, das Essen OK.

Vorbei an Torridon verlassen wir die Westküste Schottlands und ziehen ostwärts Richtung Inverness. Links und rechts der wunderschön zu fahrenden A896 thronen 1.000 Meter hohe Gipfel, von denen wieder einmal imposante Wasserfälle ins Tal stürzen und den tosenden River Torridon, an dem wir einige Zeit entlang radeln, kräftig speisen. Ab und zu schaffen es sogar ein paar Sonnenstrahlen durch den bewölkten Himmel zu uns. Regen und Wind haben sich mittlerweile auch gelegt, als wir auf der Höhe von Loch Clair die A896 verlassen, um einen Offroad-Abstecher zum Loch Coulin zu fahren, wo wir uns einen ruhigen und aussichtsreichen Zeltplatz erhoffen. Dafür nehmen wir auch einen zum Schluss durchaus steilen 200 Höhenmeter Anstieg in Kauf und landen tatsächlich auf einer schönen, einsamen Anhöhe mit toller Aussicht auf die zahlreichen Munros rund um uns.

Nachdem die Wiesen allesamt uneben-buckelig und/oder feucht sind, machen wir es uns auf einer halbwegs ebenen Ausweiche unserer Schotterpiste gemütlich. Einziger Überraschungsgast ist etwas später ein Kuckuck, der sich laut rufend unmittelbar neben uns (es ist weit und breit kein Wald in Sicht) auf einem 1 m hohen Ast-/Holzstück niederlässt. Generell begleitet uns der Ruf des Kuckucks während unserer Schottland-Reise so häufig und laut, wie wir es noch nie erlebt haben.

Etappe 9

Die ersten 60 Kilometer über Kinlochewe am Fuße des „Beinn Eighe National Nature Reserve“ und in Folge auf der A832 + A835 bis Contin sind im Vergleich zu den letzten Tagen relativ unspektakulär. Nachdem wir durch den Sturm auf Skye 3 Tage „gewonnen“ haben, wollen wir den prognostizierten Sonnentag nicht in Inverness, sondern irgendwo weit oben in den Bergen ausklingen lassen und planen eine Schleife über den Orrin Dam. Im Contin Village Store kaufen wir etwas Proviant und gönnen uns noch einen Kaffee, den wir am sonnigen Bankerl vor dem Shop genießen.

Wir kommen nett ins Gespräch mit einer Familie, die südöstlich von Inverness zu Hause ist und auch schon öfters in Österreich Urlaub gemacht hat. Sie versichern uns, dass es für Ende Mai momentan ungewöhnlich kalt sei in Schottland – irgendwie kommt uns das bekannt vor, aber zum Glück haben wir im Village Store noch eine kleine Flasche Whisky ergattert, die uns die kommenden Abende zumindest ein wenig einheizen wird. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir definitiv keine Whisky-Fans sind und daheim freiwillig in einer Bar niemals einen Scotch bestellen würden. Aber ähnlich wie Retsina in Griechenland, Marillen-Brandy in Armenien oder Grüner Tee in Taiwan, schmeckt uns auch hier in Schottland das Nationalgetränk vor Ort richtig gut. An keinem Abend unserer Schottland-Reise hätten wir Lust auf ein Glas Rotwein gehabt, aber auf den Schluck Scotch Whisky nach dem Essen freuten wir uns stets wie kleine Kinder auf Weihnachten. Das Aroma, die Farbe, die Wärme in Mund, Hals und Magen … all das passt wunderbar zu der rauen, wilden, mystischen Landschaft der Highlands.   

Nach Contin wird es wieder sehr einsam. Die ersten 250 Höhenmeter bis zur Staumauer des Orrin Dam sind sogar asphaltiert und wir gewinnen entsprechend schnell an Höhe. Die Aussicht über den Loch Orrin und die hügeligen Weiten ist wieder einmal großartig. Wir fotografieren und filmen im Rausch der Sonne und suchen uns danach einen windgeschützten, ebenen Platz für unser Nachtlager. Kältebedingt wird – so wie schon heute Morgen beim Frühstück – im Zeltinneren gegessen.

Etappe 10

Die ersten 17 Kilometer des heutigen Tages werden überraschend zäh. So wunderschön sich die Schotterpiste über das langgezogene Hochplateau windet, so prachtvoll die Panoramen zu allen Seiten sind, so gnädig das Wetter mit uns ist (kein Regen, wenig Wind), so garstig sind die zahlreichen Hindernisse, mit denen wir so überhaupt nicht gerechnet hatten. Alle paar Meter zwingt uns eine moorige Lacke vom Rad. Meistens gibt es seitlich einen sumpfigen Trampelpfad, der für uns leider nur selten befahrbar ist. Teilweise heißt es aber auch mühsam die Böschung seitwärts rauf und wieder runter, um die schlammige Suppe zu umfahren. Jede Kuhle auf dieser Strecke – und von denen gibt es bestimmt mehr als hundert – ist mit Wasser gefüllt und so schlammig-trüb, dass wir mit unseren vollpackten Reiserädern und nicht auf Schlamm und Matsch ausgelegten Reifen so überhaupt keine Lust haben da einfach durchzupflügen und jedes Mal einen Sturz zu riskieren. Also wird es für uns ein halber Wandertag, bis wir bei der kleinen Ortschaft Stury wieder auf Asphalt treffen. Zumindest hatten wir auf dieser Strecke einige nette Begegnungen mit TeilnehmerInnen und Fotografen des „Highland Trail 550“ – ein extrem anspruchsvolles, self-supported Bikepacking-Abenteuer über 550 Meilen / 16.000 Höhenmeter, überwiegend offroad. Allen Frauen und Männern, die da mit dabei sind, gebührt unser größter Respekt.

Von Stury sind es dann noch gut 30 Kilometer zu unserem B&B in Inverness, das wir zwei Tage zuvor gebucht hatten. Regen hat wieder eingesetzt, unsere Sightseeing-Runde durch Inverness fällt recht kurz aus, auch weil wir müde und erschöpft sind. In einem Pup gibt es dann abends die obligatorische Haggis-Verkostung (für Peter): Haggis Fritters als Vorspeise (überraschend würzig und gut) und danach Burger mit Rind und Haggis gefüllt (normaler Geschmack), dazu recht süffiges Ice Breaker Pale Ale. Stammgäste würden wir hier definitiv keine werden. An den 4 Wänden hängen 12 große TV-Screens, die abwechselnd Fußball und Moto GP übertragen … alles in allem nicht unsere Welt.

Etappe 11

Für die nächsten Tage ist wieder einiges an Niederschlag vorhergesagt. Wir möchten, wenn irgendwie möglich, zumindest einen sonnigen Tag in den Cairngorms verbringen, die oft „das Herz der Highlands“ genannt werden. Also planen wir für heute nur eine „halbe“ Etappe ein und radeln gemütlich über Radwege und schmale Straßen bis Aviemore, das für viele Touristen Ausgangspunkt in den Cairngorms-Nationalpark ist und auch für seine aktive Wintersportszene bekannt ist. Tageshighlight sind die Mandel-Marzipan-Criossants von „The Bakery“ (Tomnahurich St.) früh morgens in Inverness, von denen wir 2 Stück vor Ort genießen und uns dann noch gleich 2 für unterwegs einpacken lassen.

Am frühen Nachmittag lassen wir uns am „Oakwood Caravan & Camping Park“ nieder und studieren die Wetterprognosen und möglichen Routen für unsere letzten Etappen zurück nach Edinburgh. Ursprünglich wollten wir an die Ostküste und von dort mit dem Zug nach Edinburgh, irgendwie waren aber plötzlich keine Radplätze mehr in den für uns in Frage kommenden Zügen zu reservieren. Auf einen spontanen Versuch ohne Platz-Reservierung für die Räder hatten wir keine Lust, also beschlossen wir bereits gestern in Inverness auf die Ostküste zu verzichten und über die Cairngorms bis nach Edinburgh zurück zu radeln.

Etappe 12

Wetterbedingt planen wir für heute wieder eine kurze Etappe, aber Besserung ist in Sicht und wir starten optimistisch zeitig in der Früh unsere Fahrt zum Loch Morlich im Glenmore Forest Park in den Cairngorm Mountains. Noch ist es ruhig, aber die riesigen Parkplätze und der gut besuchte Campingplatz verraten uns, dass hier für viele Schottland-Reisende ein klassischer Hotspot sein dürfte.

Auf einer ab und zu groben aber insgesamt gut fahrbaren Schotterpiste geht es für uns ein paar Höhenmeter hinauf zum Ryvoan Bothy, das vielen Wanderern und Radreisenden als Schutzhütte und Unterkunft für eine Nacht dient. Nach einem kurzen Foto-Stopp folgt eine sensationelle, gut 10 Kilometer lange Abfahrt durch das „Abernethy National Nature Reserve“, mitten durch die größten Überreste des kaledonischen Kiefernwaldes in ganz Schottland. Über Jahrhunderte wurden viele Wälder in Schottland massiv abgeholzt, aber hier fühlt man sich um Jahrhunderte zurückversetzt, wie in einem Märchenwald.

Wir erreichen Nethy Bridge, kaufen Essen ein und jausnen mit Blick auf die berühmte steinerne Bogenbrücke. Wetter- und uhrzeitbedingt planen wir beim „Lazy Duck“ (als Campingplatz auf Google Maps verzeichnet) unser Zelt aufzuschlagen. Doch für Zelte sei hier kein Platz, wie uns der Inhaber mitteilt, es gäbe hier nur „luxuriously unique eco huts“, die bereits alle belegt sind. Der nächste Campingplatz sei in Aviemore, so der Inhaber, nicht wissend, dass wir von genau dort gekommen sind. Also ziehen wir etwas frustriert weiter und suchen uns wieder einen wilden Zeltplatz in der Natur. Wir finden einen malerischen Platz abseits einer schmalen Seitenstraße mit traumhafter Aussicht auf die gegenüberliegenden, teils schneebedeckten Cairngorms. Der Prognose zum Trotz regnet es auch heute nicht mehr, und so sind wir umso glücklicher, dass wir beim „Lazy Duck“ eine Abfuhr erhalten haben.

Etappe 13

Bevor es ein letztes Mal offroad hoch hinauf in die Highlands geht, genießen wir die feine Strecke über die A939 (eine böse Steilrampe) und eine längere Pause in der netten Ortschaft Tomintoul. Wir besichtigen Kirche und Friedhof, kaufen im kleinen Village Store Proviant und jausnen am Hauptplatz in der Sonne, während wir dem auf der Wiese nebenan probenden Kinderchor lauschen.

Anschließend wird es sehr schnell richtig idyllisch. Entlang des River Avon führt eine schmale Asphaltstraße malerisch taleinwärts. Der whiskyfarbene Fluss leuchtet durch das Licht der Sonne zu uns herauf, während wir kontinuierlich an Höhe gewinnen. Irgendwann wechselt der Belag auf Schotter und nach ca. 13 km Talfahrt teilt sich die Piste – rechts geht’s zum Loch Avon und für uns gerade aus auf einer fortan Doubletrack-Piste hoch zum Loch Builg.

An dem auf 500 m Höhe gelegenen Bergsee führt nur ein schmaler Wanderweg vorbei (etwa 1 km), den wir quasi zur Gänze schiebend absolvieren, da wieder zahlreiche Pfützen und Schlammlöcher ohnehin ein permanentes Auf und Ab vom Rad erfordern würden. Auf dem anderen Ufer startet für uns eine neue Schotterpiste, zum Glück ohne Lacken, Bachquerungen oder Schlammlöcher. Wir picknicken zwischen Loch Builg und den zahlreichen kleinen Seen rund um Lochan Oir in der Sonne und genießen den herrlichen Tag.

Eine Steigung wartet heute noch auf uns. Vorbei an einer schönen Jagdhütte sehen wir schon ein paar steilere Rampen vor uns, die uns zum ca. 730 m hohen Cullardoch-Pass führen. Oben angelangt blicken wir erstmals auf die andere Seite der Cairngorms und weit in den Süden. Ein kühler Wind weht, sodass wir uns etwas unterhalb der Passhöhe einen ebenen Platz für unser Zelt suchen. Den Rest des Tages verbringen wir nach der obligaten schnellen „Dusche“ gut eingepackt in unsere Daunenjacken mit Fotografieren, Filmen, Kochen, Essen, Whisky trinken und einfach nur Glücklichsein.

Etappe 14

Die letzten Offroad-Kilometer unserer Schottland-Reise sind nochmals der absolute Traum: tolle Fernblicke, eine wunderbare Landschaft mit skurrilen Baumformationen und kontrastreichem Bodenbewuchs, die letzten Kilometer herrlich bergab durch lichte Mischwälder auf einem grasbewachsenen Weg mit schmaler Fahrspur. Unten angekommen sind wir dennoch froh, wieder Asphalt unter den Reifen zu spüren, denn es warten noch einige Kilometer heute und morgen bis zu unserem Ziel in Edinburgh.

Nach etwa 15 km erreichen wir Braemar. Hier herrscht allseits royales Flair – kein Wunder, Balmoral Castle, die Sommerresidenz der Queen, ist nur wenige Kilometer entfernt. Aber auch Braemar schmücken einige architektonische Kostbarkeiten und alles ist picobello herausgeputzt, starten doch heute die landesweiten Feierlichkeiten zum 70-jährigen Thronjubiläum der Queen.

Für uns beginnt in Braemar der letzte längere Anstieg unserer Reise. Gut 300 Höhenmeter geht es zum „Glenshee Ski Centre“ auf ca. 650 m Höhe. Die Straße ist breit ausgebaut und führt perfekt durch die wunderschönen südlichen Ausläufer der Cairngorms. Auf der langen Abfahrt nach der Passhöhe fesseln die sattgrünen Steilhänge der umliegenden Berge unsere Blicke. Das graue Asphaltband der A93 schlängelt sich hier kontrastreich durch die baumlose, grasgrüne Landschaft – noch einmal genießen wir dankbar Schottland wie im Bilderbuch.

Den Rest des Tages schrubben wir die Kilometer mehr oder weniger herunter. Bei der Streckenplanung hatten wir eine wilde Zeltplatz-Option am Ufer des Tay, ein paar Kilometer nördlich von Perth, anvisiert – Campingplätze gibt es in der Gegend weit und breit keine. Also hoffen wir stark, ein ebenes Stück Wiese am Ufer des mit 193 km längsten Flusses von Schottland zu entdecken. Wir haben Glück, denn unser Track, den wir zu einem Sitzbank-Foto auf Komoot gelegt hatten, offenbart sich als absoluter Traumplatz. Direkt neben dem Ufer wurden hier von den Fischern am Fluss einige Meter ebene Wiese perfekt ausgemäht – weit weg von der Straße und mehr oder weniger uneinsichtig. Dazu die Option im Fluss zu baden, auch wenn das Wasser durchaus frisch ist. Ein Fischer lächelt und winkt freundlich, als er mit hüfthohen Stiefeln durch das seichte Wasser an uns vorbei watet und seine Angel gekonnt auswirft. Wir wünschen ihm Glück und machen uns im Anschluss über das eigene Abendessen her.

Etappe 15

Etwa 75 km über ein paar Hügel müssen wir heute noch bis zum letzten Zeltplatz unserer Reise am Ufer des Firth of Forth, bei dem wir schon die Zeltnacht vor unserer 1. Etappe verbracht hatten.

Nach 11 km sind wir bereits in Perth und kaufen in Murrays Bakery allerlei Süßes (u.a. saftigste Apple Pie) und Pikantes (superleckere, herzhaft gefüllte Pies), von denen wir gleich im Zentrum erste Kostproben verdrücken – ein Traum! Und wie es sich für die letzte Etappe gehört, lassen wir uns dann im „Heaven Scent Coffee Shop“ kurz vor Kinross nochmals kulinarisch verwöhnen, mit herrlichem Kaffee und einer sündhaft guten Zitronentorte.

Anschließend geht es 150 Höhenmeter hinauf zu einer kleinen Anhöhe, von der wir bereits die etwa 15 km Luftlinie entfernte Forth Bridge sehen. Wir jubeln, im Wissen es bald geschafft zu haben. So sehr wir uns von Beginn an in die Highlands verliebt haben, so sehr freuen wir uns jetzt schon auf das Ende einer langen, anspruchsvollen, da vor allem wettermäßig oft extremen Reise.

Wir werden mit Sicherheit einige Zeit brauchen, um die ganzen Bilder im Kopf, die Eindrücke und Emotionen von unterwegs zu verarbeiten, aber wir sind uns sehr sicher, dass in unseren Erinnerungen die vielen perfekten, nahezu magischen Radreisemomente gespeichert werden, während Strapazen auf Grund von Kälte, Wind und Wetter schnell vergessen werden. Und schlimmer hätte es definitiv kommen können. Auch wenn wir insgesamt sehr wenige Sonnenstunden hatten, richtig nass bis auf die Haut wurden wir nie, dank der guten Kleidung und dank unserer seit so vielen Jahren immer absolut verlässlichen Venus – so heißt unser Zelt 🙂

Unsere Route

Etappen auf Strava

Etappe 01           6:00:09                85,64 km             974 m
Etappe 02           6:05:34                84,92 km             1.326 m                              
Etappe 03           4:22:05                51,52 km             625 m                  
Etappe 04           4:03:19                62,07 km             497 m                  
Etappe 05           6:39:40                101,07 km          1.376 m                              
Etappe 06           3:17:18                50,37 km             683 m                  
Etappe 07           2:57:19                30,12 km             811 m                  
Etappe 08/08+   6:17:28                75,69 km             1.327 m                              
Etappe 09           4:34:14                73,15 km             747 m                  
Etappe 10           4:11:57                51,33 km             468 m                  
Etappe 11           3:30:42                55,15 km             673 m                  
Etappe 12           2:42:19                34,66 km             410 m                  
Etappe 13           4:45:54                44,21 km             942 m                  
Etappe 14           5:36:48                89,54 km             805 m                  
Etappe 15           5:00:06                74,61 km             786 m  

GESAMT: 964,05 km/12.450 m