Taiwan 03:
Shitoushan – Dalin – Tempel an der 21er Nähe Fuxing Village

Unsere dritte Etappe startet genau an der Grenze von Hsinchu County und Miaoli County und beginnt mit einem längeren Fußmarsch. Von unserer Anhöhe nahe des 492m hohen Lion’s Head Mountain-Gipfels führt ein schmaler, steiler Pfad über unzählige Treppen in südwestliche Richtung. Das langsame Vorwärtskommen ist zwar recht kräftezehrend, da wir unsere schwer bepackten Räder immer wieder schultern müssen, stört uns aber nicht besonders, da es durchaus viel zu sehen gibt: in hohe Felswände gemeißelte Schriftzeichen, bunte Tempeldächer, die immer wieder durch den dichten tropischen Wald durchblitzen oder mystische Pausenplätze inmitten der für uns so exotischen Vegetation.

stufiger Pfad in der Lion’s Head Mountain Scenic Area
stufiger Pfad in der Lion’s Head Mountain Scenic Area

Unser schmaler Fußweg mündet direkt in die gigantische Anlage des Quanhua Tempels. Hier verbringen wir einige Zeit und bestaunen die unzähligen bunten Details dieses extrem faszinierenden buddhistischen Heiligtums. Wir genießen die einsame Ruhe des frühen Morgens. Der Infrastruktur nach dürfte der Quanhua Tempel durchaus auch ein beliebtes Ziel für Touristen sein und als wir weiter südwärts Richtung Haupteingang und für uns Ausgang der Lion’s Head Mountain Scenic Area kommen, begegnen wir auch schon ersten Besuchern.

beeindruckende Tempelanlagen inmitten der Lion’s Head Mountain Scenic Area
der Quanhua Tempel inmitten der Lion’s Head Mountain Scenic Area
beeindruckende Tempelanlagen inmitten der Lion’s Head Mountain Scenic Area
wir schieben und tragen unsere Räder durch die beeindruckenden Tempelanlagen der Lion’s Head Mountain Scenic Area

Für uns geht es jetzt auf einer schmalen Straße leicht bergab Richtung 3er (Zhongfeng Road), vorbei an Reisfeldern und üppigen Obst- und Gemüsegärten. In einer kleinen Ortschaft stärken wir uns mit einem zweiten Frühstück, bevor es an die Provincial Road No. 3 geht, die uns für die nächsten 70 Kilometer südwärts führen wird.

Zum Glück ist diese Straße überraschend verkehrsarm und wir pedalieren meistens recht einsam auf dem Seitenstreifen oder auf der ersten von zwei Fahrspuren gemütlich dahin. Kulinarisch haben wir heute keine Sorgen, denn wir passieren einige größere Ortschaften und Städte, und für zwischendurch gibt es auch am Straßenrand eine Stärkung: von einer umgefallenen Palme naschen wir reife Babybananen.

Stärkung unterwegs: reife Babybananen
Stärkung unterwegs: reife Babybananen

Im Landkreis Miaoli befindet sich auch DAS Erdbeerland Taiwans. Kilometerlang sehen wir an den Straßenrändern riesige Erdbeerplantagen, unzählige Verkaufsstände, ein riesiges Erdbeermuseum, ja sogar Bushaltestellen im Erdbeer-Design. Nur reife Beeren sehen wir an den plastikummantelten Stauden so gut wie keine – offenbar ist gerade keine Erdbeer-Saison.

Miaoli County - Erdbeerland
Miaoli County – Erdbeerland

Wir passieren das Li-yu-t’an Respervoir und gelangen von Miaoli County in das Gebiet von Taichung City, eine von sechs regierungsunmittelbaren Städten Taiwans und drittgrößte Stadt des Landes. Unsere Straße führt allerdings in einem großen Bogen einige Kilometer östlich um das dichtbesiedelte Zentrum an der West-Küste.

Dongshi
Dongshi

In Dongshi wechseln wir von der 3er auf die 8er, den Central Cross-Island Highway (Provincial Highway No.8), der auf Grund immer wieder kehrender schwerer Unwetter in den Bergen seit Jahren nicht durchgängig passierbar ist. Für uns ist das nicht weiter schlimm, denn wir verlassen ca. 12km später ohnedies wieder die 8er bei der Ortschaft Dalin, wo wir den mächtigen Dajia River über eine schmale Fußgänger-Brücke queren, die uns schon von Weitem durch die tiefstehende Nachmittagssonne in einem kräftigen Rot-Gold entgegen strahlt.

Jetzt heißt es auf der 21er (Fengpu Highway) gut 400 Höhenmeter bergauf strampeln. Wir beschließen auf Grund der fortgeschrittenen Uhrzeit die erstbeste Zeltplatz-Option wahrzunehmen und halten fortan rege Ausschau. So landschaftlich schön und herrlich einsam die Auffahrt südwärts Richtung Nantou County auch ist, wir erspähen weit und breit keine Übernachtungsmöglichkeit.

Auch auf der namenlosen Passhöhe auf knapp 900m Seehöhe ist keine Wiese, kein Rastplatz, geschweige denn ein überdachter Pavilion – nur steile Wälder, Hänge und abzweigende kleine Straßen. Wir fürchten schon erstmals unsere MyTinySun-Leuchten am Helm montieren zu müssen, als wir um ca. 17.00 Uhr die Abfahrt Richtung Zhangfu (erste Ortschaft in Nantou County) starten. Doch nach ein paar Serpentinen bremsen wir abrupt, drehen um und zweigen in einen unscheinbaren Weg ein, der zu einem etwa 100 Meter von der Straße entfernten kleinen Tempel mitten in einem Palmenhain führt. Das Dach des Tempels konnten wir gerade noch von der Straße aus erspähen – ein riesen Glück, denn was wir hier vorfinden, gleicht einem für hiesige Verhältnisse absoluten Traum-Zeltplatz: ein komplett uneinsichtiger, asphaltierter Boden zwischen dem Tempel und einer Art Garage, daneben ein Waschbecken mit fließendem Kaltwasser und am Rande des Tempels eine gemütliche Sitzgelegenheit auf einer edelstahlgeformten Bank – Herz was willst du mehr!
An dieser Stelle muss gesagt werden, dass wir während unserer ganzen Taiwan-Reise im Landesinneren inmitten der tropischen Wälder und Böden so gar keine Lust haben, unser Zelt mitten im Grünen aufzuschlagen – zu ängstlich sind wir hier auf Grund der uns doch fremden Tierwelt mit ihren bunten Schlangen und riesigen Spinnen … auch wenn es für andere lachhaft klingen mag – aber wir fühlen uns hier auf einem festen, gut überblickbaren Untergrund einfach wohler 🙂
Nachdem der betonierte Untergrund aber keine Heringe aufnimmt und sich auch weit und breit keine Möglichkeit findet, das Zelt an Gegenständen, Pfosten oder Bäumen abzuspannen, kreieren wir eine neue Variante, die sich fortan als extrem hilfreich und praktisch erweist. Wir platzieren unsere Räder so am Boden, dass wir unser Zelt am oberen und unteren Ende jeweils zwischen den Laufrädern quasi verkeilen und spannen es danach an Rahmen bzw. Gestänge der Gepäckträger ordentlich ab. Wir rütteln an allen Seiten, staunen wie robust unsere Venus verankert ist und können zufrieden bestätigen: Not macht erfinderisch.

Plötzlich hören wir das sich nähernde Geräusch eines Mopeds und kurz darauf steht ein etwa gleichaltriger Taiwaner vor uns, der über die Situation sichtlich genauso erstaunt ist wie wir. Er ist der Tempeldiener, der abends wie morgens nach dem Rechten sieht, ein paar kurze Gebete spricht und frische Räucherstäbchen entzündet. Danach unterhalten wir uns sehr nett mit Händen und Füßen, wobei er uns mehrmals zum Waschbecken deutet und uns zeigt, dass wir uns hier gut waschen können – offenbar machen wir in unseren nicht mehr reinweißen Radtrikots bereits einen recht verwahrlosten Eindruck.
Nach einem köstlichen Abendessen (Nudeln in Erdnussbutter mit grünem Gemüse) schlüpfen wir in unser Zelt, glücklich über den kontrastreichen, ausgiebigen Tag und unseren perfekten Schlafplatz.

Etappendaten: 97km – 1.620hm

GPS-Track der 3. Etappe

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Taiwan Intro-Text/Übersicht

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