Tag 1 unserer Radreise beginnt mit einem kräftigen Regenschauer beim Aufwachen. Wir blicken etwas betrübt vom Balkon unseres Hotelzimmers in die Ferne, sind aber optimistisch, dass sich die Wetterlage bessern wird. Nach einem dadurch sehr gemütlichen, üppigen Frühstück am Buffet packen wir unsere Taschen und satteln die Bikes. Erste blaue Flecken am Himmel tun sich auf und ein letzter Blick von unserem Balkon im 3. Stock verheißt Richtung Landesinnere durchaus Gutes.
So radeln wir auf fetznassen Straßen bei wärmenden Sonnenstrahlen am Rücken die ersten Kilometer fröhlich entlang des Marecchia – ein 70km langer Fluss, dessen Quelle – wie wir später festestellen – in 1.454m Höhe bei Badida Tedalda (unserem heutigen Etappenziel) entspringt und der in Rimini etwas unterhalb (südlich) unseres Hotels in die Adria fließt.
Ein leichter Rückenwind lässt uns locker und flott vorwärts kommen und selbst am ersten steileren Anstieg nach Verucchio (330m) fühlen wir uns trotz des ungewohnt schweren Gewichts am Rad überraschend leichtfüßig und stark. Von Verucchio aus haben wir erstmals einen sehr netten Ausblick auf die umliegenden Hügeln und Bergdörfer. Ganz in der Nähe ist auch San Marino, dessen mächtige Bergkuppe mit dem „Monte Titano“ schon kurz nach Rimini von weitem sichtbar ist. Nach einer kleinen Runde im Zentrum geht es zurück ins Tal – genauso steil bergab wie vorher bergauf.
Bald merken wir zum ersten Mal, dass wir richtig weit im Süden sind: es ist wahnsinnig heiß und schwül, sobald die Sonne ohne Wind auf den Rücken strahlt. Wir rinnen gefühlt komplett aus und kommen mit dem Trinken kaum nach. Als wir vom Tal aus links hoch nach Pennabilli abzweigen, rasten wir kurz darauf bei einer schattenspendenden Kirche und stärken uns mit zuvor gekauftem Proviant. Danach geht es landschaftlich wenig spektakulär stetig bergauf. Wir passieren die Grenze Emilia Romagna – Toskana und landen am frühen Nachmittag in Badida Tedalda. Dort kehren wir in die einzig geöffnete Bar ein, vor der eine Partie älterer Herren konzentriert Karten spielt. Leider gibt es kein warmes Essen, sodass wir erstmals Bekanntschaft mit dem berühmt-berüchtigten ungesalzenen Weissbrot machen, das uns die nächsten Tage noch öfters „beglücken“ wird. Aber mit dick Käse und Prosciutto ist es halb so wild.
Nachdem wir nicht wissen, ob bei dem Campingplatz, den wir vorab recherchiert haben, ein Restaurant offen hat, begeben wir uns in Badida Tedalda auf die Suche nach einem Supermercato. Aber es ist 15.00 Uhr – alles wirkt wie ausgestorben, kein Geschäft hat offen – Mittagspause von 13.00 bis 16.00 Uhr … wir wollen keinesfalls eine Stunde warten und ziehen weiter bergauf Richtung „Campeggio Oasi Cocchiola“ (870m Höhe). Die letzten Meter geht es über eine geschotterte Piste recht steil dahin, ehe wir vor einem verlassen wirkenden Areal stehen. Nur ein kleines Auto parkt vor einem steinernen Haus, an dessen Tür wir klopfen. Bald darauf können wir aufatmen – der Campingplatz ist „aperto“ … wir sind zwar mit einer italienischen Familie zusammen die einzigen Gäste, aber das Restaurant hat abends ab 19.30 Uhr auch geöffnet. Wir suchen nicht lange nach dem schönsten Platz für unser Zelt, bauen relativ flink alles auf, duschen, spannen zwischen zwei Bäume unsere Wäscheleine, studieren die Straßenkarte für morgen und sehnen den Abend und eine warme Mahlzeit herbei.
Das Warten hat sich schließlich mehr als gelohnt – es gibt hervorragende Tortelloni ai funghi gefüllt mit Ricotta und Spinat. Dazu trinken wir leckere Radler und wiegen uns endlich wieder einmal im glücklichen Gefühl, Alltag und Arbeit hinter und eine aufregende Reise vor uns haben.