
Bei der Planung unserer Skandinavien-Reise konzentrierten wir uns so stark auf Norwegen, dass wir hinsichtlich Dänemark keine großen Vorstellungen oder gar Erwartungen haben, als wir in Hirtshals mit der Fähre von Langesund anlegen. Dänemark liegt für uns halt einfach auf dem Weg von Norwegen in den Süd-Westen Europas … umso positiver überrascht sind wir bald hinsichtlich der landschaftlichen und atmosphärischen Reize dieses wunderbaren Landes.
Wir fahren großteils den Radweg Nr. 1 – den „Vestkyststien“ – der meistens über Schotter- und Sandpisten ungemein kontrastreich die Nordseeküste entlangführt. Immer wieder radeln wir einsam durch märchenhafte Wälder, entlang ausgedehnter Dünen-Hügellandschaften und stellenweise sogar direkt am Strand … an sich perfekt zum gemütlich Fahrradfahren, wäre da nicht der brutale Wind, der uns die ersten Tage gnadenlos entgegenweht – oft so stark, dass er uns zum Stillstand zwingt. Die Fahrt von Nord nach Süd-West wird für uns vor allem kopfmäßig zur absoluten Härteprüfung und lässt die Strapazen der norwegischen Berg-Etappen zum Kinderspiel verblassen.
„Die Hölle des Nordens“ ist nicht irgendwo zwischen Paris und Roubaix … sie ist in Dänemark.
Vor allem die ersten Tage zehren die endlos scheinenden Geraden frontal gegen die 60-100km/h Sturmböen, zu denen sich immer wieder peitschender Nieselregen mischt, ordentlich an der Substanz – wir trösten uns mit dem Gedanken, dass der Sturm auch etwas Positives hat: wir verbringen so deutlich mehr Zeit in einem absolut sympathischen Land und können die zahlreichen Eindrücke dadurch besser verarbeiten. Dennoch fluchen wir an diesen Tagen so viel wie nie zuvor, vor allem an Tag zwei, an dem wir erst nach 105km und 12 Stunden erschöpft unseren Zeltplatz erreichen.
Anders als in Norwegen und Schweden ist in Dänemark das „wild Zelten“ nicht erlaubt. Dafür gibt es im ganzen Land eine Menge ausgewiesener „Naturrastplätze“, bei denen das Übernachten im Zelt gestattet ist. Oft gibt es hier auch WC, Wasser und eine Feuerstelle – viele haben sogenannte „Shelter“ – das sind Schlafkojen aus Holz, die wir auch gerne nutzen und uns dadurch das Trocknen unseres Zelts sparen, da es auch in der Nacht oder in der Früh meistens regnet oder nieselt. All diese sensationellen Plätze sind auf der Plattform naturstyrelsen.dk mit Detail-Informationen verzeichnet – wir haben im Vorfeld einige entlang unserer Strecke mit Waypoints auf unserem GPS-Track markiert, was das Auffinden vor Ort enorm erleichtert. Darüber hinaus gibt es eine hilfreiche Shelter Handy-App.
Als der Sturm auch am 3. Tag nicht abnimmt, gönnen wir uns zu einen Ruhetag in Agger – eine weise Entscheidung, da die Fähre von Agger nach Thyborøn auf Grund des heftigen Windes nicht verkehren kann. Wir fragen den Gastgeber im Danhostel, in dem wir zwei Nächte verbringen, ob das im Sommer öfter vorkommt. Der gut 60-jährige Mann lacht und meint: „Oh no, that’s many years ago …“ – dass der Sommer sehr untypisch kalt, regnerisch und stürmisch ist, hören wir nicht zum erstenmal.
Nach unserem erholsamen Ruhetag geht es zwar windig weiter, aber dafür strahlt erstmals auch länger die Sonne und wir verbringen viel Zeit mit Pausen- und Foto-Stopps. Wir bewundern die Dünen-Landschaft des Thy Nationalparks, die unterschiedlichsten uns unbekannten Vogelschwärme, den mächtigen Leuchtturm von Bovbjerg und genießen sogar ab und zu etwas Wind von der Seite und erstmals auch von hinten – nach den Tagen zuvor ein echter Balsam für die Seele.
Immer wieder passieren wir idyllische Dorfkirchen, die kleinste Dänemarks steht nicht unweit der größten von ganz Skandinavien. Erste Reetdach- und Backstein-Häuser schmücken die Dörfer und Siedlungen. Es gibt immer wieder kleine Museen und Antik-Läden entlang der Strecke – ansonsten ist die Region sehr landwirtschaftlich geprägt. Viele Bauern preisen am Straßenrand in kleinen Selbstbedienungsläden ihre Produkte an.
Was uns in Dänemark auffällt: das Land ist flach wie Holland, aber gefühlt jede zweite Straßen- und Ortstafel beinhaltet das Wort „Bjerg“ – wir fragen unsere Gastgeberin vom Tjæreborg Teltplads (Tipp!), wieso dem so ist. Sie meint nur: „Keine Ahnung, vielleicht hätten wir einfach auch gern ein paar Berge …“
Nach einer extrem harten aber rückblickend absolut lohnenden Woche mit etwa 520 Kilometern verlassen wir Dänemark und strampeln in Schleswig-Holstein weiter Richtung Süden.
Thomas Mika
Aug. 17, 2016 -
spannende und schöne Reise. Die Bilder sind euch wieder sehr schön gelungen. Freue mich schon auf die nächsten Teile. Bin mit meiner Reise Sissi (ich nenne sie aber Fiffi) jetzt auch schon fertig geworden. Nach diesen Bericht freue ich mich auch schon auf eine kleine Testfahrt. Schreibt bitte auch ein wenig über eure Technik wie sich sich bewährt in der „Härte des Nordens“
LG Thomas aus Wien
Clea
Aug. 18, 2016 -
Hallo ihr beiden Helden,
was soll ich sagen – um die Erfahrungen in Dänemark beneide ich euch glaube ich niemals ;-). Hut ab, dass ihr diese Woche dennoch als lohnenswert bezeichnen könnt! Das schafft auch nur ihr beiden…
Ich schicke euch ganz viel Rückenwind und Sonne, auf dass ihr weiterhin eure Kopf-Challenges so vorbildlich meistert!
Grüße aus dem Garten von der Pfirsich-, Mangold- und Tomaten-Ernte 🙂
Eure Clea
PS: 30 Kilo Pfirsiche waschen, entkernen und häuten ist meine Challenge – für mich auch absolute Kopfsache :-)))! Aber natürlich harmlos, ich muss ja nicht strampeln ;-)…
Gerhard Rechberger
Aug. 18, 2016 -
Nichts stärkt die Moral so sehr wie der Gegenwind beim Radfahren, hat uns unser holländischer Freund immer versichert. Demnach müßtet ihr jetzt moralisch beneidenswert stark sein. Schön, dass euch Dänemark trotzdem gut gefallen hat. Mich wundert nur, dass ihr die dänischen Bäckereien keiner Erwähnung würdig findet ;-).
Super, dass eure Berichte jetzt so rasch daherkommen und man eure Reise fast live verfolgen kann.
Liebe Grüße aus dem herbstlich regnerischen Wien,
Gerhard
love2.bike
Aug. 22, 2016 -
Danke 🙂
Mit den Bäckereien hast du natürlich Recht – das liegt vielleicht daran, dass wir bereits in Norwegen immer sehr gutes Brot und leckeren Kuchen hatten … und wir hatten zum Schluss noch so viele Kronen übrig, dass wir uns noch mit Kuchen eingedeckt und die dänischen Süßspeisen erst gegen Ende genossen hatten.
Als nächstes freuen wir uns auf belgische Schokolade – morgen sollten wir Lüttich erreichen … und dann natürlich auf die Croissants in Frankreich 🙂
BiNo
Aug. 19, 2016 -
Unglaublich schöne Fotos, man kann fast den Wind beim Lesen spüren. Passt auf euch auf und kommt gut weiter!
Angelika Pürstl
Aug. 19, 2016 -
Tolle Eindrücke. Starke Leistung! Grüßt mir meine Ur-Heimat Schleswig-Holstein! Viel Freude noch an Eurer Tour!
Stefan
Aug. 21, 2016 -
Großes Kino. Wünsche euch die den Rest der Reise noch wohlwollende Winde und vorne Beeren am Straßenrand.
Gfrei mi schon auf die nächsten Bilder.
LG
Litz
Stefan
Aug. 21, 2016 -
Ach, Autokorrektur und nicht gegenlesen. Tausche ein die gegen ein für und ein vorne gegen ein viele.
Johannes Werner
Aug. 22, 2016 -
Lieber Peter, liebe Hana,
tolle Photos, tolle Bericht, toller Wind von vorne (ich kann ihn spüren) ..
Weiterhin viel Spass
von uns alles Gute
Margret&Johannes
love2.bike
Aug. 22, 2016 -
vielen Dank für die schönen Kommentare – wir freuen uns sehr über jedes Posting 🙂
Uwe Schott
Dez. 6, 2021 -
Habe als alter Dänemark-Fan jetzt erst Euren Bericht gelesen! Ich habe das sehr genossen, danke dafür 🙂
Dänemark ist jedoch mitnichten platt wie Holland. Klar, da wo Ihr entlanggeradelt seid, ist das so. Und auf den Inseln Lolland und Falster. Aber überall sonst ist es ziemlich hügelig. Fahrt nur mal ins Landesinnere von Jütland oder an die Ostküste, dann können die Steigungen manchmal ganz schon anstrengend sein, z.B. in der Gegend um Silkeborg 🙂
Ich freue mich aber insgesamt sehr, dass Ihr die typisch dänische Atmosphäre eingefangen und gespürt habt.
Vi ses
Uwe
hana + peter bergh
Dez. 7, 2021 -
Hej Uwe,
vielen Dank für deine nette Nachricht.
Ok, wir sind damals direkt aus den vergletscherten Berg-Regionen Norwegens gekommen und mussten über die vielen „bjerg“ Aufschriften einfach schmunzeln.
Wir möchten auf jeden Fall auch die anderen Regionen Dänemarks radelnd kennen lernen (letztes Jahr wollten wir und haben coronabedingt nur noch in DE und Polen einreisen dürfen). Wir werden dann bei jedem Anstieg an dich denken 🙂
Liebe Grüße, Hana & Peter