Navarra und Aragonien:
Jakobsweg, Bardenas Reales, Sierra de Moncayo, Sierra de Armantes

Navarra und Aragonien:<br>Jakobsweg, Bardenas Reales, Sierra de Moncayo, Sierra de Armantes

Die kommenden 4 Etappen durch Navarra und Aragonien werden sowohl landschaftlich als auch emotional herausragend. Wären es am Ende nur diese 4 Etappen geworden – die Reise nach Spanien hätte sich trotzdem gelohnt.

3. Etappe – am Jakobsweg

Breits kurz nach Pamplona befinden wir uns zusammen mit ein paar Frühaufstehern auf dem legendären Jakobsweg. Zuerst noch entlang von befestigten Straßen, dann auf Schotter, dann irgendwann auf einem schmalen, steinigen, aber zum Glück großteils gut fahrbaren Weg. Wir treffen einige Pilger und spüren durchaus auch ein wenig vom mystischen Flair des Caminos.
Circa 350 Höhenmeter steigen wir durch teils dichten Nebel bis zum herrlichen Aussichtspunkt „Mirador Alto del Perdón“. Wir blicken über die weiten Ebenen, die bunten Felder und Hügel von Navarra und verlassen hier für die Abfahrt den Jakobsweg zugunsten einer feinen Asphaltstraße.

Durch einige Ortschaften entlang des Caminos kommen wir noch, bis wir in Puente la Reina den Jakobsweg endgültig verlassen. Über hügelige Schotterpisten geht es weiter südwärts. Nachdem wir bisher nicht so flott wie gedacht unterwegs waren und die langen, teils ruppigen Schotterstraßen zusätzlich müde machen, wählen wir ab Artajona eine verkehrsarme Asphaltstraße weiter nach Caparroso, von wo es die letzten 8 Kilometer wieder holprig und für uns sehr mühsam über eine Offroad-Piste geht.   

Zwischendurch passieren wir ausgedehnte Anbaugebiete, vor allem riesige Tomaten- und Paprikafelder. Die Jungs von der Paprikaernte winken freundlich und deuten uns, dass wir uns ruhig am Feld bedienen dürfen – das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen.

Unser Zelt schlagen wir in einem kleinen Waldstück nahe der Laguna Rada auf, um am nächsten Morgen in die bizarre Landschaft der Bardenas Reales zu tauchen. Dass diese wundersame Halbwüste großteils aus Lehm besteht, war uns vorab nicht so richtig bewusst, denn als in der Nacht heftige Gewitter über uns durchziehen, denken wir uns noch nicht allzu viel und schlafen trotz des laut krachenden Donners und des auf unser Zelt prasselnden Regens den Umständen entsprechend richtig gut.

4. Etappe – Bardenas Reales

Am nächsten Morgen starten wir zeitig, frühstücken ausgiebig und fahren die ersten Kilometer mit Stirnlampe auf ruppigen Schotterpisten Richtung Bardenas Reales. Schon bald landen wir vor dem ersten Hindernis – einer größeren Wasserstelle, die den Wechsel der Schuhe zu den Plastikschlapfen erfordert. Wir tragen die vollbepackten Räder durch das Wasser und versuchen am schlammig-tiefen Boden nicht auszurutschen. Geschafft.

Kurz darauf dann der nächste Dämpfer – unser Pistenbelag wechselt langsam von steinig-schottrig zu erdig-lehmig, was bei nassen Verhältnissen suboptimal ist, da sich in kürzester Zeit klebrige Lehmpatzen an Reifen und Rädern sammeln. Wir denken uns immer noch nicht allzu viel dabei und sind fest davon überzeugt, dass alles besser wird, sobald wir am „Hauptweg“ durch die Bardenas Reales sind. Dass dieser noch in weiter Ferne liegt, ist eine andere Geschichte. Denn als wir endlich am ersten „Mirador“ (Aussichtpunkt) landen und nach kurzem Innehalten motiviert die Abfahrt in die hügelige Märchenlandschaft angehen, geht es mit den Torturen erst so richtig los.

Solange die Piste einen harten, tragfähigen Belag aufweist, ist alles bestens. Das Problem ist nur, dass sich der Übergang in noch nicht aufgetrockneten, lehmigen Boden optisch nicht wirklich ankündigt, sondern die Reifen auf einmal tiefer einsinken und die Lehmpackung binnen kürzester Zeit perfekt ist.

Immer wieder kratzen wir mühsam mit ein paar Steinen die zähen Lehmpatzen von unseren Rädern, rollen ein paar Meter weiter, steigen wieder ab, um über die nächste feuchte Passage die 35-45 kg (exkl. Lehmpackung) schweren Bikes zu tragen, was vor allem brutal in die Arme geht. Aber auch die Beine werden dank der sich mit jedem Schritt immer weiter aufbauenden Plateauschuhe schwerer und schwerer.

Irgendwann stehen wir wieder vor einer Wasserstelle (Barranco del Vedado), die dank der nächtlichen Unwetter definitiv nicht fahrbar passierbar ist. Also heißt es für uns wieder Schuhe ausziehen und mit vereinten Kräften die vollbepackten Räder von einem Ufer ans andere zu schleppen. Immerhin sehen wir schon in ein paar hundert Metern Luftlinie das „rettende“ Ziel – die markanteste Fels-Formation der Bardenas Reales – die Castildetierra, an der bereits ein paar „normale“ Autos (nicht Jeeps) parken, was bedeutet, dass die Hauptroute durch die Bardenas über einen deutlich besseren Belag führt.

Was wir nicht wissen: zwischen uns und der guten Schotterpiste liegt noch der „Barranco Grande“ – und dieser ist heute definitiv nicht überwindbar, nicht für Jeeps und schon gar nicht zu Fuß oder schwimmend. Mangels Brücke ist es für uns an diesem Punkt also absolut unmöglich die ca. 100 Meter hinüber zur rettenden Straße zu gelangen. Es hilft nichts, wir müssen umkehren und möchten gar nicht daran denken, den so extrem mühsamen Weg wieder retour zu fahren, zu schieben, zu waten … für die bisherigen 20 Kilometer hatten wir ganze 5 Stunden gebraucht, okay – mit ein paar Foto-Stopps, aber trotzdem …

Immerhin sind wir nicht die einzigen, die von dieser abrupten Sackgasse überrascht sind – auch 3 sportliche, einheimische Mountainbiker staunen über die Wassermengen und sind gezwungen umzukehren. Gemeinsam mit ihnen suchen wir auf unserem Garmin-GPS-Gerät verzweifelt nach einer Alternativ-Route, da wir – wenn irgendwie möglich – in unsere Richtung weiter möchten, um die nächsten zwei Etappen, die mit absoluten Highlights aufwarten, wie geplant fahren zu können.

Also entscheiden wir uns nach längerer, nicht ganz einfacher Suche, mehreren auf der digitalen Karte eingezeichneten Wegen zu folgen, die zwar offenbar keinen Fluss queren, die aber hinsichtlich Belag/Fahrbarkeit natürlich ebenso ein großes Fragezeichen sind und mit zumindest einer Steilstufe = Schiebepassage gespickt sein dürften. Wir probieren es und kommen nach 8 Kilometern, zahlreichen zu Fuß und Radtrage-Passagen (wieder auf Grund lehmiger Böden) ziemlich erschöpft auf eine rettende Schotterstraße, die uns hügelig und gegen den Wind bis nach Arguedas bringt.

Ab hier erhöhen wieder unser Tempo, einfach nur froh Asphalt unter den Reifen zu spüren. In Tudela treffen wir wieder auf unseren Original-Track, kaufen schnell etwas Proviant und halten ein paar Minuten bei einer extrem stimmungsvollen Open-Air-Spinning-Session inne. Danach fahren wir, soweit es unsere Kräfte noch erlauben und landen müde, aber glücklich nur etwa 15 km vor dem geplanten Etappenziel. Wir schlagen unser Zelt bei einem Picknick-Platz entlang der „Via Verde del Tarazonica“ (22km Bahntrassenradweg) auf und fallen hungrig über einen großen Topf Reis mit Kürbis und Kichererbsen her.

5. Etappe – Sierra de Moncayo

Die 5. Etappe führt uns erstmals richtig hoch in die Berge. Gut 1.500 Höhenmeter auf teils giftig steilen Schotterpisten werden es – aber wir werden doppelt belohnt. Einerseits mit dem großartigen Bergmassiv der Sierra de Moncayo, andererseits mit dem sensationellen (vorab recherchierten) Refugio de Cerrogordo, welches hinsichtlich Lage/Aussicht und Einsamkeit/Abgeschiedenheit all unsere Erwartungen übertrifft.

Wir starten zeitig in der Früh auf der „Via Verde del Tarazonica“ und gewinnen nach der sehenswerten Ortschaft Tarazona rasch an Höhe. Es geht vorbei an schönen Mandel- und noch schöneren Feigenbäumen, vorbei am Stausee „Embalse del Val“, über das Bergdorf „San Martín de la Virgen“ (leckere Bäckerei!), hinein in den Naturpark Moncayo.

Nach einem längeren Anstieg auf Asphalt folgen einige Kilometer nahezu flach durch den Wald, bevor es heftig steil auf Schotter berghoch zum „Collado del Canto Hincado“ (1.483 m) geht. Immerhin trösten wunderschöne Ausblicke über die weiten Felder und Ebenen am Fuße der Sierra de Moncayo.

Die Abfahrt nach Cueva de Ágreda ist recht ruppig, zum Glück sind wir in die richtige Richtung unterwegs, denn berghoch hätte man hier einiges mühsam zu schieben.

In Beratón stärken wir uns in der sehr netten Bar mit einem hervorragenden Café und nehmen anschließend den letzten langen Anstieg des Tages in Angriff. Auf sehr steilem, aber meist gut fahrbarem Schotter geht es komplett einsam nochmals 250 Höhenmeter bergauf. Die Ausblicke und Panoramen werden immer gewaltiger, hinter jeder Kurve tun sich wunderschöne neue Perspektiven auf.

Nach einer längeren Abfahrt durch ein Waldstück queren wir eine Schotterpiste Richtung Refugio de Cerrogordo, unserem heutigen Etappenziel. Refugios sind in Spanien unbewirtschaftete, leerstehende Schutzhütten – meistens aus Stein. Sie stehen Wanderern und Radfahrern für eine Nacht frei zur Verfügung – und das in vielen Gebirgsregionen im ganzen Land … eine sensationelle Einrichtung für alle, die mehrere Tage in den Bergen unterwegs sein wollen, vor allem in Gegenden, die kaum bis gar nicht belebt sind, wo es also weit und breit weder Tourismus noch Gastronomie gibt.

Wir verbringen einen wunderbaren Abend, waschen uns im Freien, kochen gut und schlafen glücklich und ruhig im gemütlichen Innenraum des Refugios.

6. Etappe – Sierra de Armantes

Auch die 6. Etappe wird zu einem absoluten Highlight. Knapp 100 Kilometer und gut 1.200 Höhenmeter geht es durch wilde Schluchten, über aussichtsreiche Pässe und zum krönenden Abschluss durch die faszinierende Sierra de Armantes, die uns am späten Nachmittag mit ihren Formationen und Farben ins absolute Staunen versetzt.

Wir starten mit einer feinen Abfahrt vom Refugio de Cerrogordo nach Purujosa. Eine herrliche, aussichtsreiche Asphaltstraße bringt uns dann über einen kleinen Pass hinüber ins Tal des Río Aranda. Hier sichten wir das erste Mal seit dem gestrigen Café in Beratón auch wieder andere Menschen.

Nach der Mittagspause säubern wir bei einer Tankstelle unsere immer noch von den Bardenas Reales völlig verdreckten Räder und Taschen, nicht zuletzt um in Calatayud unser Apartment möglichst sauber zu beziehen.

Hinter Illueca folgt der längste und steilste Anstieg des heutigen Tages, inklusive längerer Schiebepassage zwischen der schönen Schotterpiste „Ruta Papa Luna“ und der Straße zum Bergdorf „Viver de la Sierra“.

Über eine herrliche Pass-Straße (Schotter) geht es nach „Cervera de la Cañada“ und weiter zum eigentlichen Höhepunkt der heutigen Etappe, zur „Sierra de Armantes“. Immer wieder „müssen“ wir stehen bleiben, weil die Ausblicke auf die spektakulären Felsformationen einen Foto-Stopp nach dem anderen verlangen.

Mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Calatayud – körperlich müde und in den Köpfen übervoll mit all den gewaltigen Impressionen der letzten vier Tage. Im Zentrum von Calatayud – bekannt für sein großes Weinbaugebiet (Rebsorte Garnacha) – beziehen wir wieder ein Apartment, um die nächsten Tage zu arbeiten und – dringend notwendig – ordentlich zu regenerieren.

Die einzelnen Etappen auf Strava:

TdE 03 – Jakobsweg 6:53:11 96,20 km 1.077 m
TdE 04 – Bardenas Reales: 6:11:32 69,98 km 667 m
TdE 05 – Sierra de Moncayo 6:12:21 53,41 km 1.564 m
TdE 06 – Sierra de Armantes 6:51:33 96,93 km 1.255 m

Fahrzeit, Kilometer und Höhenmeter sind nicht 100% exakt … wenn z.B. vergessen wurde, die Uhr nach einer Pause wieder zu starten 🙂

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Unsere Travesía de España im Detail: