TDI 05 – Kampanien und Basilikata:
Amalfiküste, Cilento, Costa di Maratea

TDI 05 – Kampanien und Basilikata:<br>Amalfiküste, Cilento, Costa di Maratea

Mit Neapel haben wir das Landesinnere und die hohen Bergregionen des Apennins verlassen. Die kommenden Etappen möchten wir uns der Küstenregion des Tyrrhenischen Meers widmen und – wenn wir schon mal da sind – auch an der weltbekannten Amalfiküste entlang radeln. Aber wie auf all unseren Reisen wird es uns auch hier nach ein paar Tagen direkt am Meer wieder verstärkt ins Landesinnere ziehen und so werden wir auch immer wieder den Ausläufern des Apennins abseits der Küste einen Besuch abstatten.

16. Etappe – Amalfiküste

Knapp vor Sonnenaufgang verlassen wir Neapel und fahren mit einer Menge an tollen Eindrücken und Bildern im Kopf südwärts Richtung Pompei am Fuße des Vesuvs. Gleichzeitig tut es wieder einmal richtig gut weiter zu reisen, im Wissen, dass wir ab heute ein komplett anderes Italien als bisher kennenlernen werden.

Wir genießen die perfekte Sicht auf den gewaltigen Vulkankegel des Vesuvs auf der linken und das tiefblaue Meer entlang der Küste des Golfs von Neapel auf der rechten Seite. Verkehr Richtung Amalfiküste ist natürlich vorhanden, aber nicht ungut. In Meta beginnt der ca. 200 Höhenmeter Anstieg nach San Pietro, wo man mit einem ersten Blick auf die faszinierende Felsküste Richtung Salerno belohnt wird. Nach einiger herrlichen Abfahrt geht es entlang der berühmten Amalfiküste immer wieder leicht auf- und abwärts.

Wir passieren mit zahlreichen Touristen-Mietwagen und -Kleinbussen die malerischen Ortschaften Positano und Praiano. Hinter jeder Kurve warten neue, spektakuläre Ausblicke auf einsame Buchten, eng an den Felsen geschmiegte Villen und großartig terrassierte Gärten. Natürlich ist auch das Postkartenmotiv der bunten Häuser von Amalfi eine Augenweide, aber so richtig verlieben werden wir uns in die Gegend nicht, was nicht an Landschaft und Architektur liegt, sondern an den zwangsläufigen Schattenseiten einer touristisch derart  ausgeschlachteten Region, allen voran der schier nicht abreißen wollende Durchzugsverkehr. Wissend, dass wir an der Amalfiküste sicher nicht zelten werden, haben wir schon im Vorfeld ein (das in unserer Preisklasse einzig verfügbare) Zimmer auf booking.com gebucht – im entzückenden kleinen Dorf Atrani, etwa einen Kilometer hinter Amalfi.

Nur eine Gasse (Via dei Dogi) führt vom Strand in das winzige Zentrum und zu unserem Zimmer, doch die Einfahrt ist von Security-Personal umstellt. Alles sieht nach einem großen Filmdreh aus – die Menschen, das üppige Equipment … Wir werden gefragt, ob wir hier durchwollen, was wir mit Verweis auf unser gebuchtes Zimmer bejahen. Nach ein paar Funksprüchen bekommen wir das Signal schnell durchzumarschieren. Wir schieben unserer Bikes durch das Filmset, vorbei an Kamerakränen und einigen Statisten. Später erfahren wir von unseren Quartiergebern, dass hier seit vielen Wochen Hollywood dreht: Denzel Washington – „The Equalizer 3“.  Als wir dann am späten Nachmittag den schmalen, stufigen Fußweg hinunter zum Strand nehmen, um erstmals im Tyrrhenischen Meer zu baden, hören wir kein Wort Italienisch, sondern ausschließlich American Englisch. Am Strand liegen neben uns eine paar junge Leute in Shorts und Bikinis während auch immer wieder Personen in schwarzen Kleidern und bunten langen Hosen mit überdimensionierten Sonnenbrillen vorbei spazieren – einer von ihnen hätte glatt das Double vom jungen Elton John sein können … für uns jedenfalls ein unerwartet skurriler Ausklang des Tages, der uns bestimmt in Erinnerung bleiben wird.

17. Etappe – Monte delle Stella

Ein fantastischer Sonnenaufgang begleitet uns um ca. 7:30 Uhr morgens aus Atrani hinaus und auf den ersten Kilometern entlang der Küste. Bis Vietri sul Mare (ca. 20 km) geht es noch ähnlich wie gestern immer wieder leicht auf- und abwärts durch oder vorbei an hübschen Küstenortschaften wie Minori, Erchie oder Cetara.

Von Salerno bis Agropoli geht es für 50 km schnurgerade an der komplett ebenen Küste entlang, die meiste Zeit jedoch auf Grund eines schmalen Waldstreifens ohne direkten Meerblick. Die Gegend ist mit Sicherheit die trostloseste unserer ganzen Italien-Reise. Alle paar Kilometer steht eine – zu dieser Jahreszeit meist geschlossene – Riesen-Hotel- oder Camping-Anlage, ansonsten wirkt die Gegend extrem ärmlich und verlassen. Umso glücklicher sind wir, als wir hinter Agropoli die Küstenregion wieder verlassen und über Perdifumo und Mercato Cilento berghoch zu unserem anvisierten Zeltplatz treten. Die ersten 700 Höhenmeter überraschen vor allem zu Beginn mit ein paar bösen Steilrampen, danach geht es aber meist fein dahin – immer wieder auch durch großartige Kastanienwälder, deren Igel und Früchte zu Haufen neben der Straße liegen.

Auf der namenlosen Passhöhe am Rande des Nationalparks Cilento und Vallo di Diano finden wir keinen geeigneten Zeltplatz – zu dicht bewaldet, felsig und steil ist die Gegend. Also müssen wir uns mit einer in Agropoli gekauften Sfogliatella stärken und, obwohl schon recht müde, nach einer kurzen Zwischenabfahrt nochmals 150 Höhenmeter hinauf zum vorab auf Komoot recherchierten Pick-Nick-Platz mitten „im Nirgendwo“, in der Hoffnung, dass wir dann dort nächtigen können. Der Anstieg über die schmale Bergstraße (Sackgasse) ist extrem steil und lässt uns ein paarmal laut fluchen. Dann endlich die Abzweigung zur Area Attrezzata unterhalb des Monte della Stella (1.131m), zu der wir unsere Bikes über einen nassen Fußweg etwa 200 m aufwärtsschieben. Das bewaldete Areal wirkt zwar etwas verwahrlost, aber ein flaches Stück Wiese, einige angemorschte Tischbänke und vor allem der Brunnen mit Trinkwasser sind für den heutigen Tag absoluter Luxus. Wir bleiben und verbringen hier eine ruhige und angenehme Nacht.

18. Etappe – Marina di Camerota

Für den zähen Anstieg am Ende der gestrigen Etappe werden wir heute Morgen ordentlich belohnt. Entlang des Percorso Cicloturistico „La via Silente“ geht es die ersten 18 Kilometer durch hübsche, kleine Bergdörfer wie San Mauro Cilento, Celso oder Pollica stetig bergab Richtung Küste.

Die gesamte Küstenregion gehört hier zum Nationalpark Cilento und Vallo di Diano, größere Städte gibt es weit und breit keine und auf der teils schmalen und mit heftigen Steilrampen gespickten Küstenstraße (SR447) ist kaum Verkehr. Neben uns stehen immer wieder üppig tragende Orangen- und Olivenbäume, für letztere ist offensichtlich gerade die Ernte angelaufen.

In Marina di Camerota haben wir wieder im Voraus ein Zimmer auf booking.com gebucht, da die Campingplätze um diese Jahreszeit so gut wie alle geschlossen sind und wir an der Nationalpark-Küste nicht wild zelten wollen. Außerdem können wir dank eines recht frühen Check-Ins den Nachmittag für eine feine Schwimmeinheit nutzen und so die schöne Küste noch etwas mehr genießen.

19. Etappe – Costa di Maratea

Nach einem doppelten Frühstück – zuerst ein kräftiges Radlerfrühstück „daheim“ und nach dem Check-Out das im Zimmerpreis inkludierte „italienische“ (caffè e cornetto) in der Bar um die Ecke – geht die „Küstenstraße“ (SR562) gleich zu Beginn 500 Höhenmeter berghoch auf einer herrlich angelegten Serpentinenstraße. Den ersten Fotostopp gibt es bei der kleinen Kapelle Chiesetta di Piedigrotta direkt neben der Straße, den Zweiten dann kurz darauf im hübschen Bergdorf Lentiscosa. Uns gefällt vor allem die für die Gegend so charakteristische Majolika-Kuppel der Kirche. Dieser Stil ist uns in Kampanien – vor allem an der Amalfiküste – immer wieder begegnet. „Majolika“ stammt von der altitalienischen Bezeichnung für Mallorca und hat sichtbar maurische Wurzeln.

Kurz nach der Passhöhe erreichen wir San Giovanni a Piro am Fuße des 1.224 m hohen Monte Bulgheria mit seinen imposanten, steil abfallenden Felswänden. Hier haben wir auch einen wunderbaren Panoramablick über den nächsten Küstenabschnitt des Tyrrhenischen Meers bis zur Costa di Maratea, wo wir für die nächsten 4 Nächte wieder ein Apartment zum Arbeiten und Regenerieren gebucht haben. Im Hintergrund erheben sich bereits die mächtigen Ausläufer des Apennins an der Grenze Kampanien/Basilikata mit ihren über 2.000 m hohen Gipfeln.

In Sapri kaufen wir wieder ordentlich Essens-Vorräte für die kommenden Tage im Home-Office, da es im kleinen Dorf Cersuta, in dem wir unser Apartment gebucht haben, gar keine Einkaufsmöglichkeiten gibt. Die letzten Kilometer des Tages führen uns in der Region Basilikata über die traumhafte, verkehrsarme Küstenstraße SS18 stets auf- und abwärts, immer wieder mit herrlichen Panoramablicken über das glasklare Meer mit den türkisenen Buchten. Wir blicken zurück und sehen in der Ferne San Giovanni a Piro mit den Felswänden des Monte Bulgheria, an denen wir ein paar Stunden zuvor vorbei gefahren sind.

Um 14 Uhr checken wir in unserem wunderschön gelegenen Apartment B&B Calandrella ein, gut 100 Höhenmeter über dem Meeresspiegel. Von der großen Wohnküche aus blicken wir über das offene Meer und genießen in den kommenden Tagen einige prachtvolle Sonnenuntergänge. Auch die Bade- und Schwimmeinheiten an der kleinen, komplett einsamen Bucht sind ein Traum. Ein gutes Frühstück mit Kuchen und Obst bekommen wir jeden Morgen vom sehr netten Inhaber auf der Terrasse unterhalb serviert. Einzig die ein paar Meter unter uns immer wieder laut vorbeiratternden Züge unterbrechen die herrliche Idylle dieser – im Vergleich zur Amalfiküste – so absolut ruhigen, untouristischen Gegend. An einem Tag machen wir auch einen kurzen Rad-Ausflug nach Maratea, besichtigen die Altstadt und fahren über die luftige Serpentinenstraße hoch zum Gipfel des Monte San Biagio (623m), auf dem die mächtige Statua del Cristo Redentore thront. Die 21 Meter hohe Christusstatue ist schon von Weitem sichtbar und erinnert fast an die (30 m hohe) Christusstatue in Rio de Janeiro. Aber auch ohne Statue wäre der Monte San Biagio einen Ausflug wert – die Aussicht über die Costa di Maratea, den Golf von Policastro und die Bergwelt des südlichen Apennins ist fantastisch.

Die einzelnen Etappen auf Strava:

TdI 16 – Amalfi – Atrani 4:48:58 69,45 km 855 m
TdI 17 – Monte della Stella 7:10:19 100,54 km 1.367 m
TdI 18 – Marina di Camerota 4:19:24 63,40 km 612 m
TdI 19 – Costa di Maratea 3:48:11 52,32 km 890 m

Fahrzeit, Kilometer und Höhenmeter sind nicht 100% exakt … wenn z.B. vergessen wurde, die Uhr nach einer Pause wieder zu starten 🙂

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Unsere Traversata d‘Italia in 6 Blöcken: