Umbrien 08:
Gran Sasso – Piano Grande

Um 6.00 Uhr klingelt der Wecker und wir sind froh den Umständen entsprechend (Lage leicht bergab, seltsame Tiergeräusche in der Nacht) ein paar Stunden durchaus tief und fest geschlafen zu haben.
Zum Frühstück gibt es wie fast immer Nutella-Brot mit Banane und zum Trinken etwas Wasser. Der Aufwand für eine Tasse Tee den Kocher anzuwerfen ist uns eindeutig zu groß – vor allem da wir sowieso immer die erstbeste Café-Einkehrmöglichkeit nutzen.

1. Frühstück im Zelt

Wir packen alles wie gewohnt zusammen und tragen Räder und Taschen einzeln hinunter zur Straße. Die Sonne färbt die obersten Bergkuppen bereits rötlich-orange als wir los strampeln – vorbei an weitläufigen Almen, auf denen genüsslich Pferde und Kühe weiden … hinauf auf ca. 1.500m Seehöhe zur steinernen Kapelle San Vincenzo und danach hinunter (!) zum Passo delle Campannelle (ca. 1.300m).

Danach geht es weiter bergab bis ca. 1.100m Seehöhe, wo sich die Straße teilt und wir wir links hinauf Richtung Lago di Campotosto (1.300m) abzweigen. Die Beine sind etwas schwer und unsere Körper müde. Sehnsüchtig halten wir Ausschau nach einer Bar/einem Café, bis wir beim überwältigenden Anblick des tiefblauen Campotosto-Stausees für einen Moment alles ringsum vergessen und wieder einmal nur staunend unsere Blicke über der landschaftlichen Vollkommenheit ruhen lassen.

Lago di Campotosto (1.300m)

Wir knipsen ein paar Fotos, radeln über den mächtigen „Ponte delle stecche“, der den See teilt und neben dem parallel eine zweite allerdings alte und verwachsene Brücke steht. Am Ufer vor uns sehen wir eine kleine Holzhütte neben der ein Motorrad parkt. Das wird doch nicht etwa eine Bar sein, die bereits offen hat? Unsere Hoffnung ist riesen groß und wird tatsächlich erfüllt. Wir lassen uns überglücklich in der Sonne nieder und genießen in Folge jeder zwei super leckere und wärmende Cappuccinos sowie zwei gefüllte Croissants.

Danach fühlen wir uns wie ausgewechselt und fahren munter weiter am See entlang mit Blick auf die kleine Ortschaft Campotosto am gegenüberliegenden Ufer, bevor es einige Serpentinen flott hinunter nach Amatrice (950m) geht.
Im Zentrum sind seit gefühlt ewiger Zeit plötzlich wieder mehrere Menschen um uns, was in dem Moment fast etwas Befremdliches hat. Wir kaufen im Supermarkt eine Menge Proviant: Obst, Joghurt, Brot, Käse, Nüsse, Not-Essen für den Kocher und einiges zu trinken. Auch für die kommenden Stunden und die bevorstehende Nacht wissen wir noch nicht 100%, was uns erwartet – insofern gehen wir auf Nummer sicher und füllen unsere Taschen mit genügend Vorräten 🙂

Es folgen einige mühsame Kilometer (Sperre der schmalen Nebenstraße, Gegenwind, Hitze) auf der Haupstraße SS4 … immer leicht bergab, bis wir kurz vor Arquata del Tronto links steil zu einem Dorf abbiegen, bei dem es eine Auffahrt auf die SS 685 (Tre Valli Umbre) gibt. Auf unzähligen Stützen wurde diese Strada statale an den Steilhang geschmiegt. Wir strampeln wieder stetig bergauf und durchfahren einige kürzere Tunnels (200-300m), ehe wir rechts in eine schmälere, einsame Nebenstraße abbiegen auf der wir uns immer steiler Richtung Forca Canapine hinauf schrauben.

Mittlerweile sind wir auch in den Parco Nazionale dei Monti Sibillini eingetaucht, der sich auf ca. 70.000 ha zwischen den Regionen Umbrien und Marken erstreckt. In einer Serpentine machen wir Mittagespause und stärken uns mit eigenem Proviant. 800 Höhenmeter sind wir bereits wieder hinauf geklettert. Nur noch wenige trennen uns vom ersten Pass auf ca. 1.550m Seehöhe neben dem Rifugio Genziana. Die Fernsicht ist wieder einmal phantastisch.

Danach geht es ein paar Kilometer bergab und anschließend wieder bergauf zu einer 2. Anhöhe etwas oberhalb des Rifugio Perugia. Und dann sehen wir sie zum ersten Mal: die gigantische Hochebene des „Piano Grande“ … umringt von den mächtigen Gipfeln rund um den Monte Vettore (2476m) und im Hintergrund mit dem „Dach des Apennins“, dem „Herzen der Monti Sibillini“: Castelluccio di Norcia – ausgesetzt und einsam auf einer 1.400m hohen Kuppe gelegen, wie aus dem Bilderbuch … geheimnisvoll, majestätisch und einfach nur wunderschön.

1. Blick auf den Piano Grande

Etwas gerührt von den traumhaften Ausblicken und mit dem Wissen eine weitere Etappe der Superlative erfahren zu haben, rollen wir zufrieden und stolz über die schnurgerade Asphalt-Piste inmitten des Piano Grande.

Auf einem größeren Wiesen-Parkplatz sehen wir drei Wohnmobile stehen – wir beschließen auch hier unser Zelt für die kommende Nacht aufzuschlagen. Aber davor wollen wir noch hoch nach Castelluccio – der Anstieg zehrt schon wieder etwas an unseren Reserven, dafür werden wir kurz darauf mit einem köstlichen Linsengericht und Rotwein belohnt. Was wir schon vorab recherchiert hatten: auf dem Piano Grande werden neben Getreide auch eine Menge Linsen angebaut, die im Frühjahr zusammen mit Mohn und anderen Pflanzen die Hochebene in ein buntes, farbenkräftiges Blütenmeer verwandeln. Mit dem Wissen, dass die Linsen wahrscheinlich nur wenige Meter unter uns geerntet wurden, schmecken sie natürlich gleich noch um einiges besser 🙂

Anschließend fahren wir wieder die paar Kilometer zurück zu unserem ausgekundschafteten Zeltplatz, wo wir schon sehr routiniert und flott alles für die Nacht richten. Kurz darauf erleben wir noch einen wunderbaren Sonnenuntergang, ehe es sehr schnell finster und kalt wird. Ein leuchtender Sternenhimmel (inkl. Sternschnuppe) lässt uns ruhig und entspannt schlafen.

Etappendaten: 98km – 1.600hm

GPS-Track zur gesamten Tour

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