Die 2. und letzte Nicht-Zelt-Nacht unserer Reise beschert uns wieder ruhigen Schlaf und feine Regeneration. Um 7.00 Uhr nehmen wir vor dem Bahnhofs-Café ein Frühstück mit Café und Croissants ein, ehe wir uns im dichten Morgenverkehr ostwärts Richtung Gran Sasso aufmachen.
Schon bald fühlen wir, dass uns das Wetterglück für die bevorstehenden Reise-Highlights hold sein wird – abziehende Nebelfelder und Wolken geben nach einer halben Stunde Fahrzeit einen strahlend blauen Himmel frei. Wir zweigen von der Haupstraße links ab und unser GPS-Track führt uns eine immer steiler werdende Straße über Poggio Picenze nach San Martino hinauf. Bis hierher sehen wir immer wieder Gebäude, die noch vom Erdbeben 2009 gezeichnet sind – mit stützenden Balken und Gerüsten.
Das Tal des Aterno befindet sich schon gut unter uns und gegenüber ragen die sonnenbestrahlten Gipfel des Naturparks Sirente-Velino empor. Unsere Straße wird immer schmäler und steiniger und bald befinden wir uns mitten im Wald auf einer groben Schotterpiste, die uns sogar teilweise zum Absteigen zwingt. Wir zoomen im GPS etwas heraus und sind optimistisch, dass unser Track weiter nach Barisciano führt – unseren Eintritt in den „Parco Nazionale Gran Sasso e Monti della Laga“.
Genau so ist es auch … und ab der kleinen Ortschaft auf knapp 1.000m Seehöhe führt uns eine traumhaft angelegte Bergstraße von einem Traum-Panorama-Blick zum nächsten. Auf 1.250m Seehöhe erreichen wir Santo Stefano di Sessanio, das sowohl zu den höchstgelegenen als auch zu den schönsten Dörfern Italiens zählt („I borghi più belli d’Italia“). Wir fahren durch die schmalen, gepflasterten Gassen des mittelalterlichen Zentrums und kehren bei Paola Panone ein, wo wir uns in der Sonne sitzend mit Café und süßen Köstlichkeiten stärken und danach auch etwas Proviant einkaufen: Brot und eine ihrer absolut verführerisch aussehenden Käse-Sorten – die äußere Kruste eidottergelb mit frischen Kräutern überzogen – das Innere strahlend weiß und saftig … und auch hervorragend im Geschmack, wie wir etwas später bei unserer Mittagspause feststellen werden.
Davor geht es noch über eine wahre Traumstrecke nach Calascio und Castel del Monte, einem weiteren malerischen Bergdorf, das völlig zu Recht auch in der Liste der schönsten Dörfer Italiens aufscheint. Dementsprechend nehmen unsere Foto-Stopps drastisch zu, denn wir genießen jedes neue Pracht-Motiv in vollen Zügen.
Ein paar Serpentinen oberhalb von Castel del Monte erreichen wir dann die Passhöhe auf 1.600m Seehöhe und blicken bald über die endlosen Weiten des Campo Imperatore – einem etwa 15 km langen und 5 km breiten Hochplateau – umringt von den höchsten Gipfeln des Apennins … ein wahrer Traum für alle Radfahrer. Wir begegnen auch kaum einem Auto oder Motorrad und erleben die wunderbare Landschaft ruhig und einsam bei prächtigstem Wetter.
Nach einer längeren Abfahrt suchen wir in Fonte Cerreto (Base Funivia – etwas unter 1.000m) eine Bar zwecks Café und Kuchenaufnahme … werden aber nicht fündig und beginnen einen weiteren Anstieg Richtung Lago di Campotosto. Die Sonne steht schon recht tief und wir wissen, dass wir den Lago (bei dem sich auch ein Campingplatz befindet) nicht mehr bei Tageslicht erreichen können … recht müde sind wir auch schon von den vielen Stunden an der frischen Bergluft. Also halten wir ab sofort Ausschau nach einem geeigneten Zeltplatz abseits der Straße.
In einer Kurve entdecken wir etwas oberhalb der Straße ein kleines uneinsichtiges Plateau, das uns für die Nacht geeignet scheint. Wir stellen unser Zelt auf und packen erstmals unseren MSR Dragonfly aus, um uns einen riesen Topf Barilla Capellini No. 1 (3 Minuten Kochzeit) mit Zwiebeln und Paradeissauce zu kochen. Im Licht der untergehenden Sonne essen wir reichlich und gut und kuscheln uns bald darauf in unsere Schlafsäcke, etwas aufgeregt wegen unserer ersten „wilden“ Zeltnacht.